Es wird ein großes strategisches Dilemma sein, vor dem die SPÖ und die ÖVP nach der Salzburger Landtagswahl stehen werden. Denn es sieht in allen aktuellen Umfragen so aus, als hätten beide nur mit der jeweils anderen Partei eine Mehrheit im Landtag. Und weil blau und grün nicht miteinander können, gibt es eine Dreier-Koalition nur mit einer Beteiligung der Stronachpartei. In Salzburg entscheidet sich nicht nur, wer beim letzten großen Wahlgang vor der Nationalratswahl im Herbst Rückenwind bekommt. Sondern auch die Zukunft der Stronachpartei.
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überlistet
Jetzt wird gegen das „System“ gepoltert, wie es einst Jörg Haider von seinem größten Vorbild aller Zeiten übernommen hat. Für Frank Stronach hat die Tiroler Landeswahlbehörde heute das Chaos um seine Tiroler Liste gelöst. Die Behörde hat nach den mir vorliegenden Informationen rechtens gehandelt: Sie hat die von zwei Listen mit gleichem Namen die zuerst eingereichte Listen bevorzugt. Für alles andere gibt und gab es keine Argumente. Stronachs Personalquerelen in Tirol haben damit begonnen, dass sich Stronach eine Truppe an Bord geholt hat, die sogar der FPÖ zu rechts ist. Aus wundersamen Gründen haben sich die Rechten dann doch irgendwann zurückgezogen.
letzte chance für frank
Anfang Jänner hab ich geschrieben, dass der Wahlkalender gut für den Hansdampfinallengassen dieses Wahlkampfs liegt: Ein guter Start in Kärnten und Niederösterreich könne dafür sorgen, dass aus dem Medien-Faktor Stronach auch ein Polit-Faktor wird. Zwei Monate später hat sich meine Einschätzung geändert: Ich bleib dabei, dass morgen um 17 Uhr die Stunde Null für den Milliardär schlägt. Und zwar dort, wo er sich massiv eingebracht und wo der Wahlkampf in den letzten vier Wochen ein Duell Pröll-Stronach war. Wenn der zum ersten Herausforderer des Landeshauptmanns stilisierte Stronach in Niederösterreich nicht mit Abstand Dritter wird, ist die Luft heraußen.
das einzige, was gegen frank stronach hilft
franks ex-leute unter der lupe (update vom 31.1., urspr.: franks leute unter der lupe)
Der Wahlkalender liegt gut für den neuen Star der österreichischen Innenpolitik. Frank Stronach braucht bei seinem ersten Antreten einen Erfolg. Der ist in Niederösterreich und Kärnten in Greifweite, während sich in Tirol als schwieriger Boden herausstellt. Nicht zuletzt aufgrund des Personals, das der Milliardär rekrutiert hat. Stronach bringt Niederösterreichs Landeshauptmann Pröll unter Druck. Die Imperien von SPÖ und ÖVP, die bisher eher still hielten, müssen jetzt zurückschlagen.
2013 wird spannend. Ein erster Überblick:
Ministerinnentochter, Ministersprecher, Weindoyen. Stronachs blau-gelbes Team kommt mitten aus der ÖVP. Karin Prokop ist die Tochter der 2006 verstorbenen ÖVP-Innenministerin Liese Prokop und war bis zu ihrem Wechsel ins Stronach-Team schwarze Gemeinderätin in Maria Enzersdorf. Walter Rettenmoser war Pressesprecher von ÖVP-Verteidigungsminister Lichal, als Michael Spindelegger dessen Ministersekretär war. Walter Laki ist Ministerialrat im Rechnungshof und gehört den illustren „Weinrittern der Tafelrunde“ an, in der die erste Reihe der niederösterreichischen ÖVP prominent vertreten ist. Die politische Haltung von Stronachs blau-gelber Truppe ist noch weitgehend unbekannt. Aber das sind KandidatInnen, die das politische Geschäft verstehen und mitten aus Prölls Reich kommen. Ergänzt um den ehemaligen LIF-Bundesgeschäftsführer Michael Fichtinger und mit Frank himself an der Spitze könnte der Feind im eigenen Bett dem niederösterreichischen Landeshauptmann zu schaffen machen. (An dieser Ankündigung ändert auch Karin Prokops Ankündigung vom 2. Jänner nichts, doch nicht auf der Landesliste des Team Stronachs in Niederösterreich zu kandidieren. Letzteres halte ich für einen PR-Gag.)
Roter, blauer und grüner Dissident. Gerhard Köfer ist eine reichlich skurrile Figur: Der Bürgermeister von Kärntens viertgrößter Gemeinde ist Energetiker, kann mit Pferden sprechen und ist der SPÖ immer wieder mit Unterstützungserklärungen für den damaligen FPÖ-Landeshauptmann Haider in den Rücken gefallen. Trotzdem: Der Spittaler Bürgermeister ist prominent, in der Mitte der Kärntner (!) politischen Landkarte etabliert und im südlichsten Bundesland liegen die Stimmen auf der Straße. Gemeinsam mit Albert Gangl, einem Ex-FPÖ-Gemeinderat aus Villach und Martin Rutter, der stellvertretender Klagenfurter Grünen-Chef war und seit 2008 einen politischen Blog betreibt, könnte Stronach in Kärnten Meter machen. Der Chef selbst hat außerdem eine Kärntner Mutter, die er im Wahlkampf strapazieren wird. Am 3. März wählen Niederösterreich und Kärnten. In beiden Bundesländern könnte Stronach in die Landtage einziehen. Und egal, ob es stimmen wird, oder nicht: Die Medien werden den Milliardär zum Verhinderer der Pröll-Absoluten und zum Königsmacher in Kärnten machen.
Glatz, Gruber, Tautsch: Zu rechts für die FPÖ. „Alle Gutmenschen, die diesem Treiben tatenlos zusehen, sind die wahren Schuldigen, sollte es einmal zu Gewaltexzessen von besorgten Einheimischem gegen diese Typen kommen!! Es mehren sich jedenfalls die Stimmen, das Recht selber in die Hand zu nehmen und sich dieser Verbrecher zu entsorgen (…)“, schrieb der Stronach-Finanzreferent Gerhard Glatz auf der Facebook-Seite des zurückgetretenen FPÖ-Nationalratsabgeordneten Werner Königshofer über AsylwerberInnen. Stronachs Innsbrucker Spitzenkandidat Richard Tautscher und Schriftführer Fabio Gruber kommen vom schlagenden Corps Athesia, das 2009 an der Organisationen des umstrittenen Burschenschafter-Festkommerses in Innsbruck beteiligt war. (4.1.: Fabio Gruber hat mich angerufen unter unter Androhung seines Anwalts gefordert, ich möge die „Athesia“ nicht als Burschenschaft bezeichnen.) Beide sind
wegen rechter Umtriebe aus der FPÖ ausgeschlossen worden. Der Spitzenkandidat für Innsbruck-Land, Christian Warum, hat sich als homophober und rassistischer Internet-Poster einen Namen gemacht, wie die Recherche West berichtet. (4.1. Christian Warum ruft mich an und droht mit Klage, wenn ich diesen Hinweis nicht lösche. Ich kenne Herrn Warum von einschlägigen Störaktionen bei der Besetzung des SoWi-Hörsaals im Oktober 2009 und halte den Bericht von „Recherche West“ deshalb für glaubwürdig. Dennoch weise ich darauf hin, dass gegen Herrn Warum kein Straftatbestand vorliegt, 25.2.: ich lese in der „Tiroler Tageszeitung“, dass wegen Handgreiflichkeiten eines Christian W. im Tiroler Stronach-Büro die Polizei anrücken musste.). Teamkoordinator Alois Wechselberger war Obmann der „Liste Tirol“, als diese wegen musste wegen übler Beschimpfungen des FPÖ-Chefs Gerald Hauser 5.000 Euro Strafe im außergerichtlichen Ausgleich zahlte. Auf der Website der Liste war der FPÖ-Chef mit Kim Jong Il und Adolf Hitler verglichen worden. (3.1.: Alois Wechselberger hat mich angerufen und um diese Präzisierung gebeten, andernfalls werde er seinen Rechtsanwalt Dr. Alexander Frick einschalten. Im Telefonat meinte Wechselberger, man könnte ihn einen Monarchisten nennen, dazu habe er einen Zugang. Aber mit Rechtsextremen habe er nichts am Hut).
Update, 30.1.: Mittlerweile interessiert sich laut Kurier auch der Verfassungsschutz für die Website, deren Kontaktadresse auf Alois Wechselberger registriert ist. „Türken als neue Herrenrasse“, steht da unter anderem.
Update, 31.1.: „Doch seit gestern Nachmittag steht fest: Landesobmann Mayr dürfte Wechselberger und Co. aus der Partei verbannen und die Stronach-Landesgruppe neu aufbauen. Gemeinsam mit Wechselberger müssen dann wohl Christian Warum, der den Landtagsabgeordneten Gebi Mair einmal als „grünen Quotenschwulen“ bezeichnet und beim Tag der offenen Tür im Landhaus für einen Skandal gesorgt hat, Peter Prantl, Richard Tautscher und Fabio Gruber gehen. Auch die Karriere von Johann Moser könnte beim Team Stronach heute zu Ende sein.“ (Online-Ausgabe der Tiroler Tageszeitung)
Update, 5.4.: Das Kapitel Stronach und Tirol hat ein Ende gefunden. Update 15.4.: Doch nicht.
Mit dieser Stronach-Truppe will in Tirol niemand etwas zu tun haben, ihre Exzesse sind den Medien bekannt. Selbst wenn Klubchef Robert Lugar selbst kandidiert, wird Stronach in Tirol keinen Fuß auf den Boden bekommen.
Niederösterreich entscheidet. Frank Stronach hat mit seiner eigenen Spitzenkandidatur in Prölls Reich die Entscheidung darüber getroffen, wann die Stunde der Wahrheit für seine bundespolitischen Ambitionen geschlagen hat. 3. März, 17 Uhr. Eine persönliche Niederlage unter der Enns wäre der Anfang vom Ende seiner Partei, davon erholt er sich auch mit viel Geld bis zum Herbst nicht. Schafft er aber in Niederösterreich und in Kärnten den Einzug in die Landtage, stehen die Chancen für die Nationalratswahl im Herbst gut. Dann ist aus dem Medien-Faktor Stronach auch ein echter Polit-Faktor Stronach mit gewählten MandatarInnen geworden und es gibt ein Spielfeld, auf dem seine Partei manövrierfähig ist.
Damit diese Analyse nicht wie eine Laudatio auf den Milliardär wirkt: Was ich persönlich von Stronach halte, steht u.a. hier.
chance stronach
Zwischen 15 und 20% sehen ihn letzte Umfragen. Frank Stronachs Erfolgsaussichten sind eine große Gefahr für dieses Land. Und eine noch größere Chance.
Keine Frage: Es ist ein widerliches antipolitisches Projekt, das Frank Stronach gestartet hat. JournalistInnen Forumlare unterschreiben lassen, dass sie vor Abdruck alle Texte vorlegen? Geht’s noch? Sich einen halben Parlamentsklub kaufen? Geht’s noch? Das wird Stronachs Truppe aber nicht schaden. An der Thematisierung dieser skandalösen Dinge führt kein Weg vorbei, keine Frage. Aber der Milliardär ist gegen diese Kritik immunisiert. Der Gegenwind der Etablierten gegen seine Partei passt in die Storyline, die Stronach erzählen will: „Die mieselsüchtige politische Kaste ist gescheitert, ich bin ihnen als positiver Macher gefährlich, deswegen wollen sie mir Steine in den Weg legen.“ Das Establishment kann einem Kandidaten, der sich als Anti-Establishment präsentiert, nichts anhaben. Wir kennen das Haider-Mantra „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist.“ Stronach ist sein Wiedergänger.
Gefahr Stronach. Gefährlich machen Stronach vor allem die anderen Parteien. Wenn rot und schwarz seit jeher darauf verzichtet hätten, sich gegenseitig mittels dritter, antidemokratischer Parteien ausbooten zu wollen, hätte es nie einen Haider gegeben. Wenn sie jetzt darauf verzichten würden, dessen Wiedergänger als Option ins Spiel zu bringen, obwohl er gegen fast alle denkbaren Regeln verstößt, wäre er nicht Königsmacher, sondern komischer rechter Rabauke mit praller Kassa. Die Kanzlerpartei und ihre Koalitionspartnerin glauben, sie hätten mit Stronach einen Trumpf im Ärmel. In Wirklichkeit sagt genau deshalb längst der Milliardär die Farbe an. Berlusconi lässt grüßen.
Ein Land voller Deppen? Roter Faden durch alle meine Diskussionen der letzten Tage: Wie können Leute nur so irre sein, Stronach zu wählen? Der verstößt gegen alle Regeln des politischen Anstands. Und trotzdem ist er der Star der österreichischen Politik geworden. Die Leute sind einfach zu deppert, hör ich da immer wieder. Ich seh’s anders.
WählerInnen haben subjektiv immer recht. HaiderianerInnen und StronachianerInnen für dumm zu erklären, bringt uns nicht weiter. Zu fragen, warum ihnen Anti-Politik lieber ist, als Politik, schon. Politik muss den Menschen ein Angebot machen, sich einzubringen und die Rahmenbedingungen des eigenen Lebens umzugestalten. Für die Menschen, die sich nicht einbringen wollen, muss die Politik das Angebot machen, WählerInnen gut und würdig im Parlament zu vertreten. Das kann man angesichts der real existierenden Verhältnisse schlicht nicht behaupten. Ein Blick in die Lohnabschlüsse, in die Verteilungsstatistik, in die Zahlen über Armut in Österreich und ein Blick in die Zeitungen mit ihren täglichen Skandalmeldungen, hilft, die Anfälligkeit der ÖsterreicherInnen für Anti-Politik besser zu verstehen.
Chance Stronach. Und trotzdem ist Stronachs Kandidatur mehr Chance, als Gefahr. Endlich gibt es in dieser Republik eine Diskussion über Mandatskauf. Endlich gibt es in dieser Republik eine Diskussion über schwerreiche UnternehmerInnen in der Politik – ich erinnere an Martin Bartenstein. Endlich gibt es in diesem Land eine Diskussion über Steuerflucht. Wenn Frankieboy aufgrund eines aufklärerischen öffentlichen Diskurses über diese Themen scheitern sollte, war seine Kandidatur eine gute Sache. Wenn die ÖsterreicherInnen entscheiden, dass PolitikerInnen und nicht UnternehmerInnen das Land am besten führen können, ist das ein wichtiges Signal, das über 2013 hinausgeht.
Stronach ist in vielen der aufgezählten Kritikpunkte der Schüssel-ÖVP sehr ähnlich. Nur, dass er ungenierter agiert und es nicht gewohnt ist, sich vor einer demokratischen Öffentlichkeit rechtfertigen zu müssen. Die beiden Parteien, ÖVP und Stronach werden zusammengehen. So wird die Nationalratswahl 2013 endlich eine Abstimmung über eine Koalition. Schwarz-blau-Stronach ist aufgelegt, gar alles inklusive der Arithmetik (momentan 55-58%) spricht für diese Variante. Ich halte die Tatsache, dass wir die Richtungswahl kriegen, die wir im November 2006 wegen Gusenbauers Feigheit nicht gekriegt haben, für eine Chance.
von der sammelbewegung zur restpartei
Die ÖVP bröckelt an allen Ecken und Enden. Angefangen hat das alles in Innsbruck. Der Gemeinderat Herwig van Staa wird 1993 wegen wiederholter Kritik an der ÖVP-Stadtführung aus dem Gemeinderatsklub ausgeschlossen. Der Oberösterreicher tritt mit einer Wirtschaftsbund-Sammelliste als „Für Innsbruck“ an, erreicht über 22%, schlägt die alte ÖVP. Damals Nummer eins in Innsbruck – man glaubt es kaum mehr: Die SPÖ mit fast 27% der Stimmen. Herwig van Staa wird Bürgermeister und bis heute regieren in Innsbruck „Für Innsbruck“-BürgermeisterInnen. Jüngst allerdings nicht mehr in einer großen Koalition gemeinsam mit Alt-ÖVP und SPÖ, sondern in einer Ampelregierung mit Grünen und SPÖ.
Der Feind im eigenen Bett
2008 schafft der schwarze Arbeiterkammer-Präsident Fritz Dinkhauser im Frühsommer mit seiner Liste 18% bei den Tiroler Landtagswahlen, die ÖVP landet auf einem historischen Tief von nur mehr 40%. Nach dem Sommer folgt die Nationalratswahl, bei der Jörg Haiders BZÖ auf sensationelle 12% kommt und vor allem bei enttäuschten ÖVPlerInnen fischt. Und 2013? Da treten bei der Nationalratswahl ein neoliberaler Großindustrieller und ein liberaler Wirtschaftsbündler mit eigenen Listen an. Die Industriellenvereinigung fordert regelmäßig Bildungsreformen, ein ehemaliger Landesschulrats-Präsident zieht durch die Landen und wirbt mit der roten Ministerin für moderne Schulpolitik. Die Vorgängerin der Ministerin verabschiedet sich mit 63 Vorzugsstimmen aus dem Amt. Ehemalige Parteigranden von Neisser bis Busek richten der ÖVP-Spitze regelmäßig unfreundliche Grüße aus und geißeln die schwarze Politik. Ein eigener Landesrat wird zum Sargnagel der nunmehrigen Opferbeauftragten, des ersten weiblichen steirischen Landeshauptmanns a.D. Die ehemalige Großpartei muss sich nicht nur mit der roten Koalitionspartnerin herumschlagen, sondern mit Gegenkandidaturen und mit etlichen Gegenstimmen aus dem, was früher einmal die eigenen Reihen waren.
Das Ende der Wende
Was einmal eine Sammelpartei von Wertkonservativen, Wirtschaftsliberalen, dienstbeflissenen BeamtInnen und treuen Gottesfürchtigen war, geht an den immanenten Widersprüchen zu Grunde. Schwarz-Blau war ganz harter Tobak für viele liberale ÖVPlerInnen, die ich kennengelernt habe. Mit Ächzen und Stöhnen konnten sie noch da oder dort ein positives Reförmchen ins Treffen führen. Aber in Summe war klar: da bröckelt was. Wer will schon mit Jörg Haider und Ernst Strasser, mit Peter Westenthaler und Karl-Heinz Grasser in einen Topf geworfen werden? Nach schwarz-blau soll Josef Pröll mit einer Perspektivengruppe die ÖVP wieder verbreitern. Zivilpakt für Homosexuelle, Arbeitsbewilligung für mit ÖsterreicherInnen verheiratete Drittstaatsangehörige, Gratiskindergarten. Dann sagt der unglückliche Willi Molterer „Es reicht“ und verliert die Wahlen gegen Faymann. Der junge Pröll wird zwar Molterers Nachfolger als Vizekanzler, aber seine Papiere verschwinden in der Rundablage. Heute hat Niederösterreichs jähzorniger Landesfürst die ÖVP fester in seiner Hand, als je zuvor.
Warum wir die ÖVP brauchen
Was da nach Schwarz-blau an liberalen Pflänzchen war, ist erstickt worden. Das Ruder haben in der ÖVP nach der Mésalliance mit Jörg Haider die übernommen, die unter Schüssel Karrieresprünge gemacht haben. Die beiden Hannese Missethon und Rauch, Schottermitzi und Betoniererfritz überstrahlen ihre jeweiligen Parteichefs bei Weitem. Und die Politik dieser zweifelhaften Figuren verjagt die Großindustriellen und Liberalen. Ich hab es schon einmal geschrieben: Mir tut es leid um die ÖVP. Mit guten Köpfen an der Spitze hätte die ehemalige Volkspartei nämlich eine Integrationsfunktion wertkonservativer, durch Identitätspolitik ansprechbarer WählerInnen ins politische System diesseits der Wahnsinns-Grenze, die jetzt zu Strache und Stronach rennen.
wem stronach nützt
Am 24. November 2002 war die SPÖ-Parteizentrale leergeräumt. Die InterviewerInnen vom ORF hatten Schwierigkeiten, überhaupt jemanden vor’s Mikro zu bekommen. Katastrophale 36% der Stimmen bei der Nationalratswahl wollte niemand kommentieren, während gleichzeitig im ÖVP-Festzelt in der Lichtenfelsgasse Maria Rauch-Kallat dem lieben Gott für die 42% für Kanzler Wolfgang Schüssel dankte.
es war einmal und ist nicht mehr.
Lang, lang ist’s her. Heute grundelt die ÖVP bei der Hälfte ihres damaligen Stimmenanteils herum. Die SPÖ feiert, dass sie 7-10% unter dem Wert von vor zehn Jahren die Umfragen im Herbst 2012 anführt. Vorbei sind damit die Zeiten der Zweier-Koalitionen jenseits der ehemals „Großen“ – und sogar, ob die sich rechnerisch ausginge, ist fraglich. Es ist und bleibt so: Österreich hat eine strukturelle Mehrheit rechts der Mitte. Seit 33 Jahren, seit der letzten Kreisky-Absoluten hätte es immer schwarz-blau-(orange) geben können. Am knappsten dran an der Mehrheit war rot-grün 2006. 4.700 Stimmen weniger für das BZÖ, und die Orangen wären an der 4%-Hürde gescheitert. Alfred Gusenbauer und Alexander van der Bellen hätten eine Koalition machen können. Österreich würde heute anders, ich behaupte: besser, dastehen.
und onkel frank?
Und jetzt also Stronach, bei 10 bis 15 Prozent in den Umfragen. Es ist noch lange bis zur Wahl. Aber momentan scheint dem neoliberalen Guru nichts etwas anhaben zu können. Auch nicht, dass das BZÖ in seinen tatsächlich letzten Zuckungen noch einmal mit allem um sich schlägt. Warum das alles nichts nützt gegen Stronach, hab ich hier beschrieben.
Aber wem nützt die Stronach-Kandidatur? Werfen wir dazu einen Blick auf die Koalitions-Varianten:
Alles klar? Die ÖVP wird auch nach der Nationalratswahl 2013 wieder mitregieren, zum elften Mal in Folge. Was Stronach an der Konstellation verändert: Der Multimillionär nimmt momentan der FPÖ am meisten Stimmen weg. Straches Schurken werden nicht wie einst 1999 an der schwachen ÖVP vorbeikommen. Dadurch steigen paradoxerweise Spindeleggers Kanzlerchancen gleichermaßen, wie Straches Regierungs-Chancen. Stronach nützt also Schwarz-Blau. Und wenn er Spindelegger und Strache seine Abgeordneten mit ins Regierungsboot setzt, wird das auch ganz sicher nichts kosten.
(Ergänzung 25.10.: Theoretisch sind auch Schwarz-Stronach-Grün und Rot-Stronach-Grün Optionen. Beide Varianten halte ich aber für ausgeschlossen, erstere alleine schon arithmetisch und zweitere politisch.)