letzte chance für frank

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Anfang Jänner hab ich geschrieben, dass der Wahlkalender gut für den Hansdampfinallengassen dieses Wahlkampfs liegt: Ein guter Start in Kärnten und Niederösterreich könne dafür sorgen, dass aus dem Medien-Faktor Stronach auch ein Polit-Faktor wird. Zwei Monate später hat sich meine Einschätzung geändert: Ich bleib dabei, dass morgen um 17 Uhr die Stunde Null für den Milliardär schlägt. Und zwar dort, wo er sich massiv eingebracht und wo der Wahlkampf in den letzten vier Wochen ein Duell Pröll-Stronach war. Wenn der zum ersten Herausforderer des Landeshauptmanns stilisierte Stronach in Niederösterreich nicht mit Abstand Dritter wird, ist die Luft heraußen.

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der landeshauptmannforscher

„Wirtschaftlich holte man vom Kleingeschäft bis zum Großprojekt Mehrwert ins Land. Ob es um Universitäten, Fachhochschluen und Forschungsstätten von Krems bis Gugging ging, um den Schwechater Flughafenausbau samt Verbindungsautobahnen, um Kulturfestspiele in Grafenegg und Skirennen am Semmering oder Sonstiges.“ Das schreibt Peter Filzmaier, der normalerweise kurze Sätze liebt, in der Niederösterreich-Länder’analyse‘ seines Buchs „Der Zug der Lemminge“ und wird gleich selber einer. Nämlich einer, der sich in Erwin Prölls Föderalisten-Parade einreiht. Pröll sei neben Michael Häupl der einzige „volksnahe Intellektuelle“ in der österreichischen Politik. Dass der niederösterreichische Landeshauptmann stolz darauf sein soll, in seinem ganzen Leben nur ein einziges Buch, nämlich Karl Mays „Schatz im Silbersee“ zu Ende gelesen zu haben, hat Filzmaier wohl vergessen. Er lehrt nämlich an eben jener sogenannten Forschungsstätte in Krems. Pecunia non olet.

Teil zwei des immer noch nicht lesenswerten Buchs wirft aber auch Fragen auf und gibt eigenartige Antworten auf nie gestellte Fragen: „Ob die Steiermark beleidigt ist, wenn einem Politikwissenschaftler als erste Assoziation zu ihr das Wort Kommunist einfällt“, fragt sich der Politologe. Der wissenschaftliche Raum sei demokratiepolitisch nicht besser als Kärnten, das zeige die Audimax-Besetzung. Wer an einergroßteils privat finanzierten Einrichtung forscht und lehrt, hat auch kein Problem mit dem Niedergang der öffentlich finanzierten Unis.

Filzmaier hat aber auch wissenschaftliche Vorreiterqualitäten bewiesen, weiß er doch, dass es in Österreich 750.000 homosexuelle Menschen gibt. So genau hat das bisher noch niemand gezählt. Seine Empfehlung für die Ausrichtung der Grünen für die nächsten Jahre klingt auch nach einem Tipp aus Radlbrunn: Man solle die alten Hüte Frauen und Umwelt lassen und sich auf ein höheres Pensionsalter stürzen, weil die PensionistInnen sowieso nur zu 3% grün wählen. Ein etwas mechanisches Verständnis von Politik, muss ich schon sagen. Und noch einer der Sätze, den man nicht unbedingt gelesen haben muss: „“Armloch“ als konsequente Bezeichnung für einen Mitbewerber etwa könnte im Wahlkampf genial sein, weil nicht klagbar und vage an etwas anderes erinnernd.“ Danke, das reicht vorerst.

Und dann die Überraschung zum Schluss: Filzmaiers 10 abschließende Vorschläge lesen sich, als hätte sie jemand anderer geschrieben. Politik müsse optimistischer und besser werden, die Tabus Geld und Sex müssten in der Politik gebrochen werden, Arbeit im Alter müsse gesellschaftliche Anerkennung bekommen. MigrantInnen soll man in die Feuerwehr und die lokalen Vereine einbinden, direktdemokratische Elemente stärken, Parteienfinanzierung transparent machen, unabhängige Medien durch einen Umbau der Medienförderung stärken, Themen statt Wahlkampfstils diskutieren und die Staatsgewalten außer Frage stellen. Das macht nicht alles wieder gut, was davor an Halblustigkeiten und an Unsinnigkeiten zum Besten gegeben wird. Aber es macht Hoffnung, dass Filzmaier das Analysieren lässt bei seinen Leisten bleibt: nämlich beim Thematisieren demokratiepolitischer Notwendigkeiten. Dann kann er von mir aus auch von Prölls Gnaden forschen.

lieber sepp!

Jetzt macht sie sich wieder auf, die linke Jagdgesellschaft. Dabei war die Pressestunde noch gar nicht, in der du die Volkskoalition mit eine geläuterten Strache als „Lieblingsoption“ und als Gegenmodell zu dieser linkssozialistisch-kommunistischen ausländerdurchtränkten Wiener Bobo-Schickeria vorstellst. Dabei hast du auch noch gar nicht angekündigt, dass wir uns diese verstaubte Genfer Menschenrechtskonvention nicht mehr leisten können, weil in Zeiten der Krise Abstriche, Lasten teilen und so. Von deinen bei einem schönen Braterl ausgeheckten Plänen, die Krankenhausverwaltung zur Kompetenz des neuen Föderalismusbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Schüssel, zu machen, ist auch noch nichts durchgedrungen.

Dafür wird der äußerst mutige Schritt, der schiachen Doris Bures endlich ihr Ministerium wegzunehmen und sie zur Sandler-Verscheucherin vor der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse zu machen, auf ungeteilte Zustimmung treffen. Was tut man dem Koalitionspartner nicht alles für Gefallen. Der wird dafür gerne in Kauf nehmen, dass alle Infrastrukturprojekterln und Tunderln in Zukunft per Bedarfszuweisung des Finanzministers vergeben werden. Den Nösi-Rabatt werden’s wohl auch in Ruh lassen, gibt’s in der EU für die Briten doch auch.

Apropos Infrastruktur: Der Geheimplan mit dem Codewort „Eberau“, die lästigen Asylgesetze ersatzlos zu streichen und solche Dinge bürgernah per Verordnung des Bürgermeisters regeln zu lassen, wird als eine Sternstunde des Förderalismus noch in Jahrzehnten für bewunderndes Staunen sorgen. Noch genialer war nur die Idee, Sexualdelikte in Zukunft von einem Ältestenrat am Stammtisch beurteilen zu lassen. Wenn die Justiz immer so über Überbelastung jammert… Die komische Heini-Irgendwas hat ein bißchen g’jammert, immer nur jammern, Sekretärinnen halt. Dafür darf sie jetzt als Nationalratspräsidenten-Schönheitsbeauftragte den Neugebauer schminken.

Und wer zum Teufel braucht eigentlich eine vertrottelte überörtliche Raumordnung? Das ist doch die Vorstufe zum Sowjetkommunismus. Sollen doch alle Orte ihre Gewerbegebiete bauen – was für die Wirtschaft gut ist, hat doch den Menschen noch immer geholfen. Eine Kathedrale in der Wüste ist immer noch besser als eine Moschee.  Gegen den Plan, den goscherten Sausgruber per Volksabstimmung der Schweiz zuzuschlagen, damit die Schockifresser sich von seiner schnarrenden Stimme taub machen lassen können, könnte Otmar Karas vielleicht seine Zustimmung versagen. Andererseits, wer war noch mal Otmar Karas?

Da war noch dieses Z…, Zw…, …enten…, nein, ich kann’s nicht schreiben. Aber ob der dortige rote Bürgermeister vielleicht, für eine kleine Bedarfszuweisung und wenn man sich auf Kreiskys Erbe beruft, ein bißchen Förderalismus walten lassen tät?

faule frauen, fleißiger finanzminister

Irgendwie wird mir immer ein bißchen kalt, wenn der Neffe des niederösterreichischen Landeshauptmanns von Leistung redet. Vor allem, wenn er es so penetrant tut, wie eben im ORF-Sommergespräch. Und am allermeisten, wenn er BezieherInnen staatlicher Unterstützung kollektiv des Sozialmissbrauchs verdächtigt. Aber das mit den Kollektivverdächtigungen scheint ja generell eine Mode zu sein, die der ÖVP nicht auszutreiben ist.

Ist schon wieder niemandem aufgefallen, dass Prölls Politik für die G’stopften in erster Linie Frauen pauschal Faulheit unterstellt? Besonders den 1,6 Millionen Frauen, die keine Steuern zahlen, weil sie nur geringfügig oder in Teilzeit arbeiten? Von deren Stundenlöhnen man sich grad einmal eineinhalb Fuhrmannsche Wurschtsemmerl kaufen kann?

Genug geärgert, es gibt ja auch nüchterne Fakten, die gegen den Neffen aus Niederösterreich sprechen. Es ist zum Beispiel schlicht und einfach unwahr, dass sich Leistung in Österreich in Zahlen gegossen nicht auszahlt. Ab 60.000 Euro Jahresverdienst sinkt die steuerliche Belastung wieder. Und zwar deswegen, weil hier der höchste Steuersatz erreicht und gleichzeitig der Deckel für die Sozialversicherungsbeiträge eingezogen ist. Das heißt: Ab ca. 2.800 Euro Nettoverdienst im Monat sinkt die Belastung wieder, weil ab das Einkommen ab hier sozialversicherungsbeitragsfrei ist.

Es stimmt schon, dass 42% der österreichischen ArbeitnehmerInnen keine Einkommenststeuer zahlen. Das heißt aber nicht, dass sie „keine Steuern“ zahlen, wie die ÖVP schwadroniert. Der Steuertopf ist zu 34% aus Sozialversicherungsbeiträgen gefüllt, bei denen ja – siehe oben – die Reichen bevorzugt werden und nur zu 20% aus der Einkommenssteuer. Ganz zu schweigen davon, dass die Mehrwertssteuer beim Einkaufen, die Mineralölsteuer beim Tanken und vieles mehr auf alle zu gleichen Teilen entfällt und damit kleinere Einkommen prozentuell wesentlich stärker belastet, als höhere.

Ich kenn natürlich nicht alle Steuerkennzahlen auswendig. Sie stehen mit vielen anderen Korrekturen zum neoliberalen Wahnsinn der ÖVP hier.

der herr p., der herr p. und der herr p.

Manchmal, aber nur manchmal, schlägt das gelernte Österreichertum auch den größten Schlitzohren ein Schnäppchen. „Hoch wer’ma nimmer g’winnen“ hat Toni Pfeffer beim legendären 0:9 des österreichischen Fußball-Teams gegen Spanien im Estadio Mestalla zu Valencia zur Pause bei 0:5 in die Kamera gesagt, die Fußball-Nation hat geprustet. Gut, dass Pfeffer zwei wunderbare Freunde hat, den Herrn P. und den Herrn P. Denn der eine, Toni Polster, hat Pfeffers Leben nach Karriereende jahrelang mit schlechter gemeinsamer Musik versüßt. Und der andere, Niederösterreichs Schuldenkaiser Erwin Pröll, hat ihn angestellt. Pfeffer ist jetzt Sportreferent in der niederösterreichischen Landesregierung. Wieviel er dort verdient, ist übrigends nicht herauszukriegen.

Und so begibt es sich im August 2010, elf Jahre nach Valencia, dass Schlitzohr Toni Polster im Profil-Sommerinterview folgenden denkwürdigen Satz von sich gibt: „Ich habe einmal für Erwin Pröll einen Spot gesprochen, weil er meinem Freund Toni Pfeffer einen Job verschafft hat.“ Schön, dass Erwin Pröll Österreich von Pfeffers Gesang erlöst hat. Pfeffer verwaltungsbeamtet vermutlich auch besser, als er gesungen und vielleicht auch, als er Fußball gespielt hat. Die Mentalität hinter dem Deal der Herren P., P. und P. ist trotzdem vormodern.

Da soll noch jemand über die korrupten PolitikerInnen schimpfen, wenn sich die sportliche Elite des Landes genau nach dem gleichen Prinzip verhält. „Eine Hand wäscht die andere“, ist das Prinzip, dass zur Vergrasserisierung der Republik unter des Wendekanzlers schützendem Mantel geführt hat. Aber es sind nicht nur die Grassers, Meischbergers, Hocheggers und Schüssels, die verantwortlich dafür sind, dass Bananenrepublik keine Beleidigung, sondern eine nüchterne Zustandsbeschreibung geworden sind. Es sind auch der Herr P., der Herr P. und der Herr P.

die neuen leiden des jungen pröll

Es war ja irgendwie klar, dass irgend so etwas passieren würde. Faymann führt in der Kanzlerfrage, weil er sich endlich das Thema Steuergerechtigkeit auf die Fahnen schreibt. Und der junge Pröll? Der leidet. Darunter, dass die ÖVP keine Themen hat. Von der Transparenzdatenbank ist eine Debatte darüber geblieben, warum die Förderungen für Bauern nicht offengelegt werden sollen. Von der höheren Grundsteuer eine Diskussion darüber, warum GroßgrundbesitzerInnen fast steuerbefreit sind. In der Steuerpolitik bleibt’s dabei: Die ÖVP will weder Stiftungsprivilegien abschaffen, noch den Deckel für die Sozialversicherungsabgabe heben oder ganz abschaffen.

Und trotzdem redet die ÖVP momentan ganz gerne über ihre Politik für die G’stopften. Die Alternative wäre nämlich, zum Amtsmissbrauch ihres ehemaligen Innenministers Strasser Stellung zu beziehen, den sie jüngst als Spitzenkandidat in eine Wahl geschickt hat. Oder über Fast-Parteichef Grasser, der sich im Umgang mit Steuergeldern und Freunderln in Berlusconi’schen Sphären bewegt. Die einzigen ÖVP-Minister, die derzeit in der Öffentlichkeit vorkommen, sind die Ehemaligen. Und denen widerfährt Gerechtigkeit – dem kantigen Lobbyisten in eigener Sache genauso wie dem spendablen Freund aller Lobbyisten von Kärnten bis an die Wall Street. Was sich reimt, ist eben nicht immer gut.

Es gibt natürlich noch eine Ministerin, die im Moment Schlagzeilen macht. Und an Märchentante Mitzi Fekter lehnt sich Pröll in seiner Not an. Sein Interview-Duell mit der Menschenrechtsaktivistin Romy Grasgruber wird zu einer Grundsatzerklärung. Viel grundsätzlicher und viel markanter als die von Steuergeldern inszenierte Show Ende letzten Jahres, mit der sich der junge Pröll ein Profil geben wollte. Die ÖVP proklamiert das Ende der offenen Gesellschaft. Was noch an liberalem Erbe da war, trägt der in die Defensive geratene Pröll zu Grabe. Busek, Neisser und Fischler muss es so richtig grausen, wenn Pröll mit der Metapher vom „Ende der offenen Türen“ die Menschenrechte der Zogajs vom Tisch wischt und gleichzeitig offene Türen für den rechtsextremen Martin Graf im Parlamentspräsidium rechtfertigt.

Ein Befreiungsschlag könnte auch anders aussehen. Etwa mit klaren Worten zu den skandalösen Ex-Ministern Strasser und Grasser. Oder mit klaren Worten zu den Rechtsextremen, die die ÖVP paktfähig gemacht hat. Oder mit einem Bekenntnis zum Einwanderungsland Österreich. Statt dessen macht der junge Pröll Märchen-Mitzi zur ÖVP-Parteichefin im Geiste und Strache zu seinem Koalitionspartner in spe.