Und das ist eine Sklaverei
Das ist eine Sklaverei
und das passiert in einer Sklaverei
das ist keine Sklaverei.
Auch wenn die G’stopften wie Karlheinz Kopf diesen unpassendsten aller Vergleiche bis zum Erbrechen ventilieren.
Und das ist eine Sklaverei
Das ist eine Sklaverei
und das passiert in einer Sklaverei
das ist keine Sklaverei.
Auch wenn die G’stopften wie Karlheinz Kopf diesen unpassendsten aller Vergleiche bis zum Erbrechen ventilieren.
Irgendwie wird mir immer ein bißchen kalt, wenn der Neffe des niederösterreichischen Landeshauptmanns von Leistung redet. Vor allem, wenn er es so penetrant tut, wie eben im ORF-Sommergespräch. Und am allermeisten, wenn er BezieherInnen staatlicher Unterstützung kollektiv des Sozialmissbrauchs verdächtigt. Aber das mit den Kollektivverdächtigungen scheint ja generell eine Mode zu sein, die der ÖVP nicht auszutreiben ist.
Ist schon wieder niemandem aufgefallen, dass Prölls Politik für die G’stopften in erster Linie Frauen pauschal Faulheit unterstellt? Besonders den 1,6 Millionen Frauen, die keine Steuern zahlen, weil sie nur geringfügig oder in Teilzeit arbeiten? Von deren Stundenlöhnen man sich grad einmal eineinhalb Fuhrmannsche Wurschtsemmerl kaufen kann?
Genug geärgert, es gibt ja auch nüchterne Fakten, die gegen den Neffen aus Niederösterreich sprechen. Es ist zum Beispiel schlicht und einfach unwahr, dass sich Leistung in Österreich in Zahlen gegossen nicht auszahlt. Ab 60.000 Euro Jahresverdienst sinkt die steuerliche Belastung wieder. Und zwar deswegen, weil hier der höchste Steuersatz erreicht und gleichzeitig der Deckel für die Sozialversicherungsbeiträge eingezogen ist. Das heißt: Ab ca. 2.800 Euro Nettoverdienst im Monat sinkt die Belastung wieder, weil ab das Einkommen ab hier sozialversicherungsbeitragsfrei ist.
Es stimmt schon, dass 42% der österreichischen ArbeitnehmerInnen keine Einkommenststeuer zahlen. Das heißt aber nicht, dass sie „keine Steuern“ zahlen, wie die ÖVP schwadroniert. Der Steuertopf ist zu 34% aus Sozialversicherungsbeiträgen gefüllt, bei denen ja – siehe oben – die Reichen bevorzugt werden und nur zu 20% aus der Einkommenssteuer. Ganz zu schweigen davon, dass die Mehrwertssteuer beim Einkaufen, die Mineralölsteuer beim Tanken und vieles mehr auf alle zu gleichen Teilen entfällt und damit kleinere Einkommen prozentuell wesentlich stärker belastet, als höhere.
Ich kenn natürlich nicht alle Steuerkennzahlen auswendig. Sie stehen mit vielen anderen Korrekturen zum neoliberalen Wahnsinn der ÖVP hier.
Jetzt bricht sie also wieder aus, die Diskussion über die Kinderbeihilfe. Irgendwo müssen Faymann und Pröll ihr Budget, das sie unter Umgehung der Verfassung erst im Dezember präsentieren, ja sanieren. Nicht mehr bis 26, sondern nur mehr bis 23 oder vielleicht gar nur mehr bis 18 Jahren soll die Kinderbeihilfe ausbezahlt werden. Das ist ein verkehrter Ansatz, weil er Studierende belastet, besonders jene aus den unteren sozialen Schichten. Aber an sich wär die Diskussion über die Abschaffung der Kinderbeihilfe nicht verkehrt, ganz im Gegenteil.
Denn Österreich gibt sehr viel Geld für sogenannte (!) Familienleistungen aus – wo die dann tatsächlich landen, ist aber völlig unklar. Weil die Gießkanne bei sozialpolitischen Maßnahmen immer ungerecht ist. Dass das ManagerInnenpärchen für sein Kind gleich viel Unterstützung braucht, wie Frau und Herr GeringstverdienerIn, hat mir noch niemand erklären können. Und wie die 160 – 200 Euro dann wirklich verwendet werden, variiert auch je nach Einkommen der Eltern.
Die ÖkonomInnen beweisen (hier: ÖIF 2006), dass unsere Familienleistungen kombiniert mit Wohnkostenunterstützung den Ärmsten kaum mehr bringen, als den Reichsten – und am wenigsten bekommen die DurchschnittsverdienerInnen. Wozu das Sinn macht? Die ÖVP fragen, sie macht ja schließlich die Politik für die G’stopften.
Und weil Grafiken eine so klare Sprache sprechen, hier noch eine Zweite. Sie kommt aus 2005, ist aber trotzdem die aktuellste der OECD zum Thema Familienleistungen. Österreich gibt zwar von allen untersuchten Staaten den Familien am meisten bares Geld, aber dafür am wenigsten Dienstleistungen wie Kindergartenplätze. Und das hat massive Auswirkungen: 2006 waren von den Dreijährigen in Österreich unter 10% zumindest zeitweise in außerhäuslicher Betreuung – in Norwegen waren es 60% der Kinder.
Und jetzt soll sich noch mal jemand über die beschämende Einkommensschere in Österreich wundern. Die hat natürlich viele Gründe. Aber einer davon ist die Kinderbeihilfe. Und deswegen muss sie zu Gunsten verpflichtender, direkter Investitionen in Bildung fallen.
Besonders kreativ muss man ja nicht sein, um den eigentlichen Zweck der sündteuren neuen Inserat-Kampagne von Onkel Seppi zu erraten. Demnächst werden hunderttausende ÖsterreicherInnen erfahren, wieviel Geld ihnen der Finanzminister wegnimmt. Wenn er’s für die armen Kinder tut, dann wird man’s ihm vielleicht nicht so übel nehmen – so das Kalkül der ÖVP-Kampagne.
Wie’s den wirklich armen Kindern geht, ist dem Onkel Seppi aber herzlich Schweinsbraten. Denn er hat im Winter neu definiert, für wen die ÖVP Politik machen will – nämlich für die „Leistungsträger“ der Gesellschaft. Und das sind für Onkel Seppi all jene, die Steuern zahlen. Die wirklich armen Kinder, die wirklich mit Schulden und fast ohne berufliche Perspektive ins Leben einsteigen, sind keine Kinder von Prölls „Leistungsträgern“. Sie heißen Jennifer, Ayse und Kevin und ihre Eltern zahlen keine Steuern. Aber nicht, weil sie nicht rund um die Uhr arbeiten. Sondern weil sie trotzdem zu wenig verdienen.
Besonders leistungsunwillig sind in den Augen der ÖVP natürlich die Frauen. Nicht nur ein paar hundert, sondern 1,6 Millionen Frauen zahlen keine Steuern, sondern höchstens Sozialversicherungs-Abgaben. Denn sie arbeiten geringfügig oder in Teilzeit. Oder um weniger Stundenlohn als ein Bier in Onkel Seppis schicken Urlaubsdestinationen kostet. Wer eh schon nicht genug zum Leben hat, die kann man nicht auch noch zum Steuern zahlen zwingen. Zumindest bisher.
Denn irgendwer muss ja die geschmacklose Kampagne des ÖVP-Chefs auf Kosten der SteuerzahlerInnen zahlen. Irgendwer muss ja mehr zahlen, damit es sich Österreich weiter leisten kann, Steuerschlupfloch für Privatstiftungen zu sein. Irgendwer muss ja das Bankenpaket, die Eurofighter und die Kinderbeihilfe für TopverdienerInnen finanzieren. Die armen Kinder müssen sich tatsächlich vor ihrer Zukunft fürchten. Aber nicht wegen der Staatsschulden. Sondern weil die Partei der G’stopften Politik für die G’stopften macht. Jennifer, Ayse und Kevin werden’s noch spüren.
Wir sollten’s eigentlich besser wissen: Damit Familienleistungen auch tatsächlich bei den Kindern landen, müssen sie vom Staat „zweckgebunden“ sein. Das heißt: 180 Euro Kinderbeihilfe werden viel zu oft in Flatscreen-Fernseher oder in einen neuen Rasenmäher investiert. 180 Euro zweckgebunden für einen Kinderbetreuungsplatz bedeuten dagegen 180 Euro in die Bildung des jungen Menschen.
In Österreich fließen 80 Prozent der Familienunterstützung direkt an die Eltern. Der volkswirtschaftliche Effekt: Frauen bleiben bei ihren Kindern, und zwar jahrelang. Das macht den (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt enorm schwierig und führt dazu, dass viele hochqualifizierte Arbeitskräfte nie wieder in einen Beruf zurückkehren, der ihrem Ausbildungslevel entspricht. Volkswirtschaftlich ist das natürlich eine Verschwendung sondergleichen. Mindestens so wichtig ist aber die Frage, ob das Frauen und Familien glücklich macht.
Ein Staat auf Teufel komm raus an einem Familienmodell festhalten, in dem der Mann das Geld heim bringt und die Frau bei den Kindern bleibt. Das tun wir in Österreich, indem sogenannte Familienleistungen in Wirklichkeit Daheimbleib-Prämien für junge Mütter sind. Dabei belegen sämtliche Studien, dass Direktinvestitionen in Kinderbetreuung die Wirtschaft enorm ankurbeln. Jeder Euro kommt so doppelt zurück. Denn eine Familien mit mehr Einkommen hat auch mehr Geld zum Ausgeben. Und nein, Zweijährige in eine hochwertige Kinderbetreuung zu geben, macht die Kinder nicht seelisch kaputt, ganz im Gegenteil.
Also: weg mit den individuellen, einkommensunabhängigen Familienleistungen. Die Kinderbeihilfe ist gesellschafts- und wirtschaftspolitisch hochgradiger Unsinn. Das „Kindergeld plus“ in Tirol ist zumindest an den Besuch einer Betreuungseinrichtung gebunden. Aber die Gießkanne ist trotzdem unsinnig. Im Garten bekommen ja auch nicht alle Pflanzen gleich viel Wasser.
Übrigens: Eva Linsinger und Ulla Schmid haben im aktuellen Profil ausführlich darüber geschrieben. Und sie haben herausgefunden, dass es auf Französisch kein Wort für Ganztagsschule gibt, weil jede Schule eine Ganztagsschule ist. Quelle grande nation!
Und ein letztes Übrigens: Tirol schöpft 1,81% der vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel für Kinderbetreuung aus. Wer’s nicht glauben will: Hier steht’s.