Selten haben WählerInnen die ÖVP so böse bestraft, wie gestern in Tirols zweitgrößter Stadt. Jörg Haider hat in Kufstein bei der Nationalratswahl 1999 über 39% gemacht. Genau so viel Prozent hatte die ÖVP hier bei der Gemeinderatswahl 1998 und 2004. Vor sechs Jahren ging es dann runter auf 30% und der Bürgermeister ging verloren: Statt des alten schwarzen Patriarchen Marschitz kam ein parteifreier Bürgerlicher ins Rathaus. Und als die Schutz suchenden Menschen mehr wurden, schaltet der Neue nicht auf Abwehr und auf Angst, sondern auf Überzeugungsarbeit und bringt über 100 Flüchtlinge in Kufstein unter. In der ehemaligen blauen Hochburg ist auf einmal einer am Werk, der Dinge wie „wir spüren die Flüchtlinge nicht“ sagt und „es muss aufhören, dass sich Gemeinden so massiv zur Wehr setzen.“ Und als Kufstein noch einmal 29 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufnimmt, geht auch die traditionell erfolgreiche Bürgerliste auf den Bürgermeister los.
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lasst die flüchtlinge in ruh
Ist Flucht wirklich das dominante Thema, das die oberösterreichischen Wahlen entschieden hat? Ich bezweifle es massiv. Denn es kommt immer darauf an, wen man wie fragt, was wichtig ist. Das haben die Institute sauber gemacht, aber es ist gestern meiner Meinung nach sehr unsauber interpretiert worden.
gute und nicht so gute werbung
Pro NRW heißt die BürgerInnenbewegung, die seit 2 Jahren vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beobachtet wird. Strache war 2007 bei der Kleinpartei auf einer Demo, Mölzer auch. Entstanden ist Pro NRW aus Pro Köln, einer ebenso rechtsradikalen Initiative, die im Gewand des Protests gegen die Errichtung einer großen Moschee in Köln in Wirklichkeit ihre tatsächliche Funktion „lokale Variante des zeitgenössischen Nationalsozialismus“ (Ralph Giordano) zu verbergen sucht. Völlig spurlos gehen die Rechten übrigens nicht am an sich gegen solche Parteien relativ immunen deutschen Partiensystem vorbei, sie sind immerhin in den Stadtparlamenten von Köln, Leverkusen und Gelsenkirchen vertreten. So sehen ihre Plakate aus:
Der Kölner Dom ist in Köln allgegenwärtiges Motiv der Stadt und wird für jede erdenkliche Form der Werbung verwendet. Die Kölner Verkehrsbetriebe haben eine an sich ganz lustige Kampagne entworfen, um „Kölle“ zum Öffi-fahren zu motivieren, mit überzeichneten, lokalisierten Schreckensszenarien, die der Klimawandel verursacht. Die meisten Sujets sind nett und witzig, so wie das hier:
Der Ausschnitt ganz oben – der verschleierte Kamelreiter vor dem verschwommenen Dom, sieht aus, wie ein PRO NRW-Sujet. Ist es allerdings nicht: es gehört zur Kampagne der Verkehrsbetriebe. Nicht, dass ich den Kölner Verkehrsbetrieben einen Vorsatz unterstelle – aber ein bißchen mehr Sensibilität dürfte man sich von einer 100%igen Tochter einer Millionenstadt mit 200.000 ausländischen BürgerInnen schon erwarten. Umso mehr dort, wo die extreme Rechte den Marsch durch die Institutionen schon angetreten hat.