365 Tage lang war ich in den Augen der ÖVP ein Drückeberger. 2003 bekam ich dank meines großzügigen Zivildienst-Arbeitsgebers 11 € Verpflegungsgeld pro Tag zu den 171 € Grundgehalt. Wer bei einem der Rotkreuz-Verbände arbeitete, bekam 6 € am Tag für Verpflegung. Erst Zivildiener-Demos in Wien und ein Verfassungsgerichtshof-Urteil führten dazu, dass Jahre später Zivildiener einen Teil des auf „angemessene Verpflegung“ fehlenden Betrags rückerstattet bekamen. Das umstrittene Gesetz trägt die Hand- und Unterschrift der schwarz-blauen Bundesregierung.
VfGH stoppt Strasser zwei Mal
Als Zivi wurde ich von der Zivildienstverwaltungs GesmBH verwaltet, einer Tochterfirma des Roten Kreuzes. Die war von April 2002 bis September 2005 zuständig, bis der Verfassungsgerichtshof das dafür verantwortliche Gesetz als verfassungswidrig erklärte und eine Wiedereingliederung der Zivildienstverwaltung ins Innenministerium verlangte. Für die Rotkreuz-Zivis hieß es also von 2002 bis 2006 von 320 € im Monat leben. 2004 bis 2006 dauerte der Zivildienst doppelt so lange, wie der Präsenzdienst – die Verkürzung im Heer auf 6 Monate war schon in Kraft getreten, der Zivildienst wurden erst 2 Jahre später auf 9 Monate reduziert. Unter freundlicher Mithilfe von schwarz-blau wurden junge Männer nicht nur zwangsverpflichtet, sondern auch finanziell geschröpft, was das Zeug hielt.
Freunderln unter sich
Heute ist die Wehrpflicht nicht mehr zu Halten: Schikanen und Schuheputzen, salutieren und im Schlamm wälzen, einen Krieg spielen, der nie kommen wird, ist einfach nicht mehr argumentierbar. In dieser schwierigen Situation schickt die ÖVP ihre Rotkreuz-Freunderln von der Lohndumping-Front, denen sie rechtswidrig die Zivildienstverwaltung geschenkt hat, vor. Jahrzehntelang fand die ÖVP, dass man Zivildiener wie die Weihnachtsganserln ausnehmen kann.
Und jetzt soll die neu entdeckte Liebe der ÖVP zu den früheren Drückebergern und Linkssektierern die anachronistische Wehrpflicht retten, damit das Rote Kreuz weiter fette schwarze Zahlen schreiben kann? Das kann nicht euer Ernst sein.