edlinger, neisser und die infektionskrankheit haider

Wo die 40 verschwundenen Haider-Millionen sind, wäre ja unerheblich. Wären sie nicht ein spätes Urteil über den nunmehrigen einfachen Abgeordneten Wolfgang Schüssel. Und die 40 Millionen, die Haider-Haberer irgendwo verschustert oder in „Sicherheit“ gebracht haben, lassen mich an den letzten SPÖ-Finanzminister Rudi Edlinger denken. Viele haben sich damals 1999 im Parlament über Edlingers ausnehmend hässliche Krawatte mit Würsten gewundert – bis er erklärt hat, er würde „eher einem Hund eine Wurst anvertrauen, als der ÖVP das Finanzministerium“. Wie Recht er doch hatte.

Es gab wenige in der ÖVP, die 2000 in der von Kanzleritis geplagten Partei klaren Blick behielten. „Jedes Zusammengehen mit Haider ist eine Infektionskrankheit, macht dich krank. Die ÖVP hat einen Rechtsruck gemacht, den ich persönlich überhaupt nicht unterstützen kann, die ÖVP hat zum Teil seine politischen Manieren angenommen (…)“, sagt 2007 der ehemalige Zweite Nationalratspräsident. Heinrich Neisser hat auch 2000 keinen Hehl aus seiner Ablehnung von schwarz-blau gemacht. Er musste dafür einstecken, hat in Vorlesungen erzählt, wie sich zur Sanktionszeit Freunde von ihm abgewandt haben. Wie Recht er doch hatte.

Karl-Heinz Grasser und seine Freunderln haben nicht nur das Tafelsilber der Republik verscherbelt. Sie haben dabei auch kräftig mitgeschnitten, es geht um zweistellige Millionenbeträge. Wäre es nach vielen in der ÖVP gegangen, wäre derselbe Karl-Heinz Grasser 2006 nach Schüssels Wahlniederlage Parteichef und Vizekanzler geworden. Und jetzt also die 40 verschwundenen Haider-Millionen, ein Mosaikstein im politischen Vermächtnis Wolfgang Schüssels. „Es gibt nur ein einziges Land, mit dem wir uns da vergleichen können und der Vergleich macht mich nicht sehr glücklich: Das ist Italien“, sagt ÖVP-Neisser über Haider 2002. Wie Recht er doch hatte.

1986 ist Fred Sinowatz zurückgetreten, sein Nachfolger Franz Vranitzky hat wegen des Haider-Putsches in der FPÖ sofort Neuwahlen herbeigeführt. Die SPÖ verlor leicht zugunsten der FPÖ, Mandatsstand 77:18. Heute liegen rot und blau in Umfragen gleichauf. Vranitzky ließ seine SPÖ auch nicht annähernd an Haiders FPÖ anstreifen. Wie Recht er doch hatte.

nichts wie her mit den verboten!

Mit 250 km/h auf der Bundesstraße fahren, meinen nervigen NachbarInnen eine reinhauen, Kinder in Keller einsperren, Hitler-Reliquien verkaufen oder auch nur falsch parken: Alles verboten, wenn ich mich recht erinnere. Was Karl-Heinz Grasser mit Steuermillionen aufgeführt hat, wird sich als verboten herausstellen (jaja, Unschuldsvermutung). Sein Mandat gegen horrende Geldsummen zurückzulegen, wie es Walter Meischberger vorgeworfen wird, ist verboten. Gegen Andersdenkende zu hetzen, wie es die Söhne der FPÖ-Mutterkreuzlerinnen Susanne Winter und Barbara Rosenkranz getan haben, ist verboten.

Aber hören wir doch endlich mit der nervigen Verbots-Diskussion auf. Eine Demokratie ist eine gesellschaftliche Konstruktion, die sich auf erwünschte, erlaubte und verbotene Dinge geeinigt hat. Wer es verbieten will, zu verbieten, hat das nicht verstanden. Wenn es nach mir geht, ist bald noch mehr verboten. Konkret die sogenannte muslimische Ganzkörperverschleierung, die Burka. Das SUV-Fahren in Großstädten. Und das Rauchen in der gesamten Gastronomie. Aber nicht einfach so, sondern weil wir uns in Österreich ein paar Dinge geeinigt haben. Zum Beispiel, dass sich die Öffentlichkeit diskriminierende Kleidung nicht bieten lässt und darauf, dass fahrlässige Gemeingefährdung untersagt oder bestraft wird .

* Egal, ob es in Österreich fünf, hundert, oder zehntausend Menschen gibt, die sich so sehr verschleiern, dass sie aus praktischen und verkehrstechnischen Gründen nicht einmal Radfahren können. Egal, ob es sich dabei um MuslimInnen handelt oder um ChristInnen, JüdInnen oder BuddhistInnen. Und ja, mein großes I war extra, egal ob Männer, Frauen, oder was es sonst noch geben mag: Diese Form der „Bekleidung“ ist ein Sicherheitsrisiko für die, die darunter versteckt sind. Und damit auch für alle anderen. Da mag sich eine Vertreterin der niederösterreichischen Grünen noch hundertmal entblöden, mit dem Spruch „Punk oder Burka – jeder wie er will“ dümmlicher Liberalität Ausdruck zu verleihen. Die Ganzkörperverschleierung muss weg: Weil sie das übelste aller öffentlichen Unterdrückungsinstrumente überhaupt ist. Und selbst wenn sie „nur“ ein Kleidungsstück wäre.

* SUVs, die schlimmsten aller Mordsgeräte unter den Autos, müssen weg aus den Städten. Fast niemand braucht in Wien, Graz oder Innsbruck ein geländetaugliches Fahrzeug vor der Innenstadt-Haustür. Wer es beruflich braucht und das auch nachweisen kann, soll es von mir aus haben. Aber die Dinger schlucken 12-20 Liter Benzin. Und bei einem Auffahrunfall ist die Stoßstange auf der Höhe von Kinderköpfen in „normalen“ Autos oder auf dem Zebrastreifen. Also weg damit: Die Egos der Testosteronbomber in der Midlife-Crisis werden’s verkraften.

* Das Rauchverbot, sowieso kein Thema: Ich freu mich, dass mir der Staat demnächst das Nicht-Mehr-Rauchen leichter machen wird. Die NichtraucherInnen haben Schutz vor Geruchsbelästigung und Gesundheitsschädigung verdient. Und wenn’s erst überall gilt, braucht auch in der Gastronomie niemand wegen des Rauchverbots Sorge um sein/ihr Lokal haben.

Gerade die Grünen müssen Mut zum Verbot haben. Vom Verbauungsverbot in Naturschutzgebieten über das Verbot gentechnisch manipulierter Nahrungsmittel bis zum Verbot neonazistischer Widerbetätigung: Wir haben uns für diese Dinge stark gemacht. Wie man zur Öko-CDU werden kann, führt der sympathische Cem Özdemir vor. Ich hätt uns Angsthasen gern ein bisschen mutiger und kantiger.

welcome to banana republic

Von Mensdorff-Pouilly über das „Büro für interne Angelegenheiten“ bis zur KHG-BUWOG-Affäre: Kaum eine/r kann die Geschichten mehr nachzeichnen, niemand außer den Betroffenen und findigen JournalistInnen ist mehr im Detail informiert. Mir springt deswegen bei der Lektüre des gefühlten 100sten Profil-Artikels über die Affäre um die um 830 Millionen Euro privatisierten Bundeswohnungen, um verwandte Deals und Lobbyismus ein Satz besonders ins Gesicht: „Gartlehner berät mich in der Frage, wie die Stimmmungslage bei diesem Thema in der Regierung ist, weil es sich dabei um ein Schlüsselthema für die Telekom Austria handelt“, sagt der Lobbyist Peter Hochegger bei einer Einvernahme zu seinem Engagement. Der Haken an der Sache: Gartlehner bekam dafür über ein Jahr 3.000 € im Monat. Das Geld kam aus einem teilöffentlichen Unternehmen, nämlich der Telekom Austria.  Und Gartlehner ist nicht irgendwer, sondern Abgeordneter einer Regierungspartei: der SPÖ nämlich.

Die Telekom Austria, ein teilöffentliches Unternehmen, nimmt also viel Geld für einen Lobbyisten in die Hand, der engagiert als Berater einen SPÖ- Nationalratsabgeordneten für einen Bruchteil des Auftragsvolumens, nämlich für 40.000 €. Der Abgeordnete soll dann in der Regierung, die mitverantwortlich für die finanzielle Gebarung des teilöffentlichen Unternehmens ist, für eine Gesetzesänderung Stimmung machen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger, als um das Beamtendienstrecht, ein „Schlüsselthema“ (Hochegger) für die Telekom Austria.

Und jetzt die Gretchenfrage: Wofür kämpft die Telekom Austria als unter schwarz-blau teilprivatisiertes Unternehmen? Wohl nicht für die 35-Stunden-Woche, für höhere Pensionen, für eine Frauenquote und für einen stärkeren Kündigungsschutz. Der Abgeordnete der ArbeitnehmerInnenpartei SPÖ sollte um schwache 40.000 Euro wohl für das Gegenteil davon Stimmung machen. In sogenannten Entwicklungsländern nennt man das „yellow union.“ Österreich ist eine Banana Republic. Und die SPÖ steckt mittendrin.