Wie würde der Tiroler Landtag aussehen, wenn ausschließlich die Vorzugsstimmen regeln würden, wer die Abgeordneten der Parteien sind? Ich hab ausgerechnet, was herauskommen würde, wenn die Mandatsverteilung auf die Parteien bliebe, aber in allen Parteien die jeweils mit dem meisten Vorzugsstimmen ausgestatteten KandidatInnen Mandate bekämen – analog zum Modell, das die ÖVP bei der Gemeinderatswahl 2012 in Innsbruck angewandt hat.
So, wie der echte Landtag vor der Regierungsbildung zusammengesetzt ist, hätte er folgende Kriterien: 38,8 Prozent Frauenanteil (das ist übrigens wesentlich mehr als im Parlament und im alten Landtag), erstmals ein Abgeordneter mit nicht-deutscher Muttersprache, Durchschnittsalter 51 Jahre.
Der fiktive Vorzugsstimmen-Landtag hätte einen Frauenanteil von 25% statt von 38,8%, im Landesparlament säße kein Abgeordneter mehr mit nicht-deutscher Muttersprache und ein Durchschnittsalter wäre ein Jahr höher, nämlich 52 Jahre.
Jetzt kann man ganz viele Dinge einwenden: Menschen vergeben Vorzugsstimmen anders, wenn sie tatsächlich unmittelbar Gewicht haben. Die Landtagsmandate verschieben sich aufgrund der Regierungsbildung ohnehin noch. Man kann Vorzugsstimmen auf Bezirkslisten nicht mit jenen auf Landeslisten vergleichen. Aber mir geht es um einen Trend, und der ist eindeutig.
Ich nehme mit diesem Vergleich, der dem Tiroler Landtag bei einer fiktiven Vorzugsstimmen-Besetzung einen wesentlich niedrigeren Frauenanteil brächte, den einzigen Migranten hinausbefördern und den Landtag um ein Jahr älter machen würde, Bezug auf Staatssekretär Sebastian Kurz. Der hat nämlich in einer Auseinandersetzung mit mir vor laufender Kamera behauptet, die Wahlen der letzten Zeit würden beweisen, dass Junge und MigrantInnen von einer Personalisierung des Wahlrechts profitieren. Mein fiktiver Tiroler Landtag zeigt einmal mehr: Das Gegenteil davon ist wahr.
hmm, das ist aber doch etwas kurz gegriffen. Wenn die allgemeine (& auch allgemein bekannte) Regel die wäre, daß die Vorzugsstimmen ein höheres Gewicht hätten, dann wage ich zu behaupten, daß die WählerInnen auch anders wählen würden.
So ist mir im Endeffekt als Wähler bereits bei der Vergabe der Vorzugsstimme klar, daß das mit „nicht geringer Wahrscheinlichtkeit“ keine Auswirkung auf die letztendliche Besetzung haben wird.
Danke für die Antwort. Das steht aber auch schon im Text: Dass diese Einschränkung für mein Argument gilt. Aber auch bei Wahlen, wo die Vorzugsstimmen tatsächlich einzige Grundlage der Mandatsvergabe waren, treten die genannten Effekte (weniger Frauen, älter, weniger für MigrantInnen) ein. http://tirol.orf.at/news/stories/2529413/