wenn ich werner faymann wäre

Die Verniederösterreichisierung der Volkspartei schreitet voran. Der neue ÖVP-Chef Spindelegger, vorgestern noch „starker Mann“ mit „Generalvollmacht“, wird keine ruhigen Ostern haben: Begehrlichkeiten aus dem ÖVP-Bund, Pöstchen für dieses und Funktiönchen für jenes Bundesland. Wer immer noch glaubt, das Spindelegger auch nur eine Skizze für eine „ÖVP neu“ entwerfen dürfe, kennt die Landeshäuptlinge und die Bündefürsten der Volkspartei schlecht.

Und das angesichts von 22% für die ÖVP in den Umfragen. Angesichts eines historischen Tiefstands, in dem sämtliche ehemaligen Freunderln sich sogar von Ernst Strasser lossagen. Von jenem Strasser, der einst ein Shooting-Star der ÖVP war, wie Spindelegger heute. Gleichzeitig ist überall die Rede von der Reformfähigkeit der Volkspartei, von der Anpassung des Programms an die Lebensrealität der in Ballungszentren lebenden ÖsterreicherInnen, die immer mehr und unter denen die ÖVP-WählerInnen immer weniger werden. In seiner Forderung nach einer programmatischen Neuausrichung hat ja dem heute im Kreuzfeuer stehenden Wirtschaftskammer-Präsidenten niemand widersprochen – nur den neuen schwachen Parteichef darf ja niemand angreifen und damit seine Hintermänner enttarnen.

Also: Wenn ich Werner Faymann wäre, würde ich meine Bildungsministerin bitten, morgen ein neues Ganztags- und Gesamtschulkonzept auf den Tisch und es dann im Parlament zur Abstimmung vorzulegen. Wenn ich Werner Faymann wäre, tät die Verteilungsgerechtigkeits-Kampagne nur so scheppern und es würde Vermögenssteuer-Offensiven und Transparenz-Initiativen nur so regnen angesichts dessen, dass die „Wos woa mei Leistung“-ÖVP jetzt auf einmal über Leistungsgerechtigkeit reden will. Wenn ich Werner Faymann wäre, würd ich eines der gesellschaftspolitischen Themen aufs Tapet bringen, bei dem die Mehrheit der ÖsterreicherInnen längst liberaler ist, als die ÖVP – die Homo-Ehe zum Beispiel. Wenn ich Werner Faymann wäre, würde ich die im Parlament vorhandene Mehrheit für eine Volksabstimmung über die Wehrpflicht mobilisieren.

Lauter Gelgenheiten für die SPÖ, Profil zu zeigen. Lauter Gelgenheiten für Spindelegger, die BlockiererInnen in seiner Partei unter Durck zu setzen und die Reformfähigkeit der ÖVP unter Beweis zu stellen. Ich bin aber nicht Werner Faymann. Und der glaubt immer noch, eine Koalition wäre eine Ehe und nicht auch der Kampf um die relative Mehrheit in diesem Land. Und den sollte man anders führen, als eine Mediation bei einer Ehekrise. Vor allem in Kenntnis der Alternativen.

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