werner beinhart? ja, bitte!

Jaja, man wird sich ja wohl noch was wünschen dürfen, werden viele jetzt sagen. Aber „Werner Beinhart“ als Titel für eine Faymann-Story geht im besten Fall als paradoxe Intervention, im schlechtesten Fall aber als blanke Realitätsverweigerung durch. Was Herbert Lackner in der großen Innenpolitik-Story im aktuellen Profil schreibt, hätte Angelika Feigl, die entenbekämpfende Ex-Pressesprecherin des Bundeskanzlers und Lebensgefährtin von Krone-Redakteur Claus Pandi auch nicht schöner formulieren können. Die ÖVP sei unter ferner liefen, mit dem Gerechtigkeitsthema habe die SPÖ den Wind in der politischen Debatte gedreht. Das klingt ein bißchen nach dem Schwanz, der mit dem Hund wedelt.

Ich seh ihn nicht, den Aufwind der SPÖ. Ich sehe, dass die Rechten mit 33% mit Abstand stärkste Kraft in diesem Land würden, wäre gestern gewählt worden. Man klammert sich in dieser bitteren Zeit an Strohhalme, dafür hab ich volles Verständnis. Aber klar ist auch: Die SPÖ hat eben noch kein Rezept gegen den Aufstieg der Freiheitlichen gefunden. Und es hilft nichts, die ÖVP auf einem Niveau zu schlagen, während Strache vorbeizieht. So weit, so eindeutig, würd ich meinen.

Ich bin heute am Terminal Tower in Linz vorbeigefahren. Das ist der Turm, um den es in den jüngst veröffentlichten Aufdecker-Geschichten in der Wiener Stadtzeitung „Falter“ geht. In zwei Sätzen: Das Linzer Finanzamt sucht im Frühjahr 2005 neue Räumlichkeiten. Davon bekommt der Baukonzern Porr Wind. Er beteiligt sich an der Finanzierung eben dieses Turms, mit der Aussicht, dass sich dort das Finanzamt einmietet – ein verlässlicher, zahlungskräftiger Kunde. Der oberste Chef der Finanzämter: Finanzminister Grasser. Die Verhandlungen stocken im Mai und schwupps stehen die Grasser-Freunde Meischberger und Plech auf der Matte. Dann geht alles sehr schnell, die Verträge sind bald unter Dach und Fach. Meischberger kassiert im Dezember 2005 200.000 Euro von der Porr, gut 56.000 davon legt er auf ein Konto, auf das auch Plech Zugriff hat.

Und weil das jetzt doch sieben statt zwei Sätzen geworden sind, bin ich auch schon bei dem Punkt, über den ich gestern mit einem Freund diskutiert habe. Die schwerreichen Grasser-Freunde, die unter der Ägide des FPÖ-Finanzministers noch reicher geworden sind, kommen mitten aus der Freiheitlichen Partei. Das Thema dominiert die Bundespolitik seit dem 2. Oktober 2009: Da gab’s die erste APA-Meldung zu den Schlagworten „Grasser“ und „Buwog“. Und in der SPÖ arbeiten die Hinterbänkler an dem Thema.

Das ist deswegen so ärgerlich, weil das Thema so viel Potenzial für die SPÖ hätte. Weil es so schön zeigt, was für Typen bei den Blauen am Werk waren, die sich als Vertreterin der sogenannten kleinen Leute versteht. Wenn schon die ganze SPÖ in verklärender Kreisky-Nostalgie schwebt, dann sollte sich dessen Nachfolger ein Scheibchen vom Sonnenkönig abschneiden: Geharnischte Worte Richtung FPÖ und geharnischte Worte Richtung ÖVP, die gemeinsam mit den Meischbergers und Plechs diese Republik moralisch ruiniert und finanziell ausgeräumt haben, wären an der Zeit. Dann dürfte Herbert Lackner ruhig „Werner Beinhart“ schreiben. Es könnte der Republik nicht viel Besseres passieren.

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