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Die Wahlnacht in Iowa hätte spannender nicht am Reißbrett entworfen werden können: Klare Vorsprünge für die FavoritInnen Trump und Clinton in den sogenannten „Entrance Polls“, wo WählerInnen beim Eingang zu den Wahllokalen abgefragt werden haben zwei Eindrücke erweckt: Einerseits sah es so aus, als wäre das demokratische Rennen schon mit dem Startschuss fast vorüber, weil Sanders mit einer klaren Niederlage in Iowa wohl aus dem Rennen wäre. Und andererseits schienen die Zweifel an der Motivation der Trump-Fans, tatsächlich auch am Wahltag aufzutauchen, unberechtigt.

Aber zum Glück kam es anders: Kopf-an-Kopf zwischen Clinton und Sanders bei den DemokratInnen. Dann doch der Sieg des evangelikalen Rechten Ted Cruz dort, wo der eigentlich eh gewinnen muss. Und Trump fast noch eingeholt vom jungen Senator aus Florida, Marco Rubio, dem stärksten Kandidaten des Partei-Establishments. Trump also vorerst geschlagen.

Aber was hat Donald Trump, der Dominator aller Umfragen und der, den nur mehr die Selbstzerstörung am Weg zur Nominierung aufhalten zu können schien, falsch gemacht? Hochmut kommt vor dem Fall: In Donald Trumps Welt gibt es nur schwarz und weiß, es gibt nur Triumph oder Verderben, es gibt nur ganz Gute und ganz Böse. Trumps Hochmut und seine Selbstüberschützung haben ihn gleich in einige Fallen tappen lassen, die zu dieser gefühlten Niederlage in Iowa geführt haben.

1) PR-Schlachten: Donald Trump hat den nationalen News Cycle 24/7 dominiert. Er hat aus jedem Flugzeug und aus jedem Bus mit jeder Fernsehstation telefoniert und war nie um ein Interview verlegen. Er hatte kein Problem, ohne einen einzigen Cent Werbegelder seine Botschaften unters Volk zu bringen – und zwar in den redaktionellen Teilen der TV-Programme, wo die Aufnahmebereitschaft und die Glaubwürdigkeit höher ist, als in den Werbefenstern. Mit den ersten Fernsehwerbungen Anfang Jänner, die komplett verwechselbar mit jenen der anderen Kandidaten waren, hat er sich ein Unterscheidungsmerkmal genommen. Seine GegnerInnen in der konservativen Medienlandschaft haben das dankbar aufgenommen: Kaum komme Cruz in den Iowa-Umfragen an Trump heran, stelle sich der als ganz normaler Politiker heraus, der mit den gleichen Methoden arbeite, wie alle anderen. Das hat die Marke Trump beschädigt.

2) Markentransfer: Sie sollte seine wirksamste Einpeitscherin sein und könnte der Sargnagel seines Iowa-Sieges sein: Der Auftritt von Sarah Palin, bei dem Trump seine Verwunderung über deren Schrillheit kaum verbergen konnte, hat Trumps Marke ebenfalls beschädigt. Einer wie Trump steht nicht 20 Minuten neben einer abgedrehten Hysterikerin, deren populärste Zeiten auch unter rechten RepublikanerInnen längst vorbei sind. Die Unterstützung von Palin an sich in kurzen TV-Interviews oder im Leitartikel eines konservativen Mediums hätte Trump wohl nicht geschadet. Aber den Statisten für die gescheiterte Vizepräsidentschaftskandidatin zu machen, umso mehr.

3) Rückzieher: Die BeraterInnen von Trumps Gegnern haben gestern Nacht darüber nur Andeutungen gemacht, aber die letzte Debatte vor der Wahl in Iowa auszulassen, dürfte ein Schuss ins eigene Knie gewesen sein. Die Vorgeschichte: Trump hatte den Austasch einer Moderatorin gefordert, die ihm bei einer Debatte im Herbst zu kritisch war. Als Antwort darauf kam zuerst ein klares Nein und als Trump darauf seine Nichtteilnahme in den Raum stellte und Attacken gegen den Veranstalter – den einflussreichen TV-Sender Fox News – ritt, ein böser Brief: Fox spottete, man hätte aus geheimer Quelle erfahren, dass sich Trump auch vor dem Ayatollah und vor Putin ungerecht behandelt fühlen werde, wenn er einmal Präsident sei und dass er sein Kabinett dann mit Twitter Followern besetzen werde, um nicht selber erscheinen zu müssen. Diese Majestätsbeleidigung quittierte Trump mit der endgültigen Absage der Debatte. Das machte Tür und Tor für weiteren Spott darüber auf, wie jemand Präsident sein wolle, der sich vor einer Moderatorin fürchte. Und sie öffnete Marco Rubio die Tür zu seinem zweiten Sieg in der siebten TV-Debatte. Es war derselbe Rubio, der gestern dann bei der Wahl entgegen alle Vorhersagen fast an Trump herankam. Die Marke des Unerschrockenen, der noch immer das letzte Lachen in den oft launigen Debatten auf seiner Seite hatte, ist nachhaltig beschädigt. Und zwar deshalb, weil Trump zu stolz war, das zu tun, was er eigentlich am besten kann: Mit einer Mischung aus Selbstbewusstsein, rhetorischer Gewandheit und Witz jeden verbalen Schlagabtausch für sich zu entscheiden.

Wie geht’s zurück auf die Erfolgsbahn für den so Siegesgewöhnten? Als erstes muss er die Erwartungshaltungen senken: Er ist jetzt nicht mehr der Unvermeidbare und Unschlagbare. Er muss seine beiden auf Augenhöhe konkurrierenden Gegner Cruz und Rubio als solche anerkennen – alleine schon aus pragmatischen Gründen. Wenn ohnehin immer alle von seinen Siegen ausgehen, bekommt er nie so eine positive Stimmung für viele Tage („Momentum“) zusammen, wie sie die beiden gefühlten Sieger von Iowa jetzt haben. So ein Momentum bräuchte er aber dringend, um das zertetschte Image wieder aufzupolieren.

Strategisch sieht alles danach aus, als wäre Rubio als Establishment-Kandidat durch, nachdem alle anderen in Iowa unter ferner liefen gelandet sind. Trump und Cruz würden profitieren, wenn sie es schaffen könnten, einem zweiten Establishment-Kandidaten in der Woche bis New Hampshire noch einmal Leben einzuhauchen, um Rubio dieses WählerInnenpublikum nicht schon im dritten von siebenundvierzig Vorwahl-Staaten alleine zu überlassen. Wenn sich Trump und Cruz auf Kasich oder Christie einschießen, könnte das dem Gouverneur von New Jersey im nahen New Hampshire helfen. Aber das ist Trumps letzte Baustelle: Zuerst muss er seine zerfledderte Kommunikation wieder voll auf sich und auf seine Stärken fokussieren. Am notwendigen Selbstbewusstsein für diese Ausrichtung schadet es ihm ja nicht.

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