
Tosi mit Neofaschisten. Quelle: http://www.altravita.com/in-basso-a-destra-militanter-neofaschismus-in-italien.php#jp-carousel-1084
„Zigeuner müssen weg, denn wo sie sind, gibt es Diebstähle“, hieß die Unterschriftensammlung, die er mit Parteifreunden aufgelegt hatte. Das ursprüngliche Urteil – zwei Jahre Haft wegen Rassendiskriminierung – wurde aufgeweicht zu 4.000 Euro Geldstrafe. Drei Jahre lang durfte der Rechtsaußen außerdem nicht bei Wahlkampfveranstaltungen auftreten. „Wir Romeo und Julia – ihr Sodom und Gomorrha“ stand auf seinem T-Shirt bei einer Demo gegen eine Gay Pride Veranstaltung. Im Wahlkampf wollte er getrennte Buseingänge für ItalienerInnen und Nicht-ItalienerInnen, erst einmal im Amt ließ er Roma-Siedlungen räumen. Auch vor einer Demonstration mit den Veneto Skinheads schreckte er nicht zurück (siehe Bild oben). Der Bürgermeister von Verona ist von allen guten Geistern verlassen.
Flavio Tosi ist aber nicht nur politisch letztklassig, er ist auch das neueste Vorbild von Rudi Federspiel. Der Innsbrucker Rechtsaußen saß schon für die ÖVP im Landtag, sitzt mit eigener Liste im Innsbrucker Gemeinderat und ist neuerdings Klubobmann der Tiroler FPÖ. Die ewig und immer gleiche Platte Federspiels richtet sich gegen Obdachlose, gegen MigrantInnen und gegen NordafrikanerInnen, denen er pauschal unterstellt, Drogendelikte zu begehen. Neuerdings zitiert Federspiel „seinen Freund“, den Skinhead-Demo-Bürgermeister, gerne in Zusammenhang mit Drogendelikten: Der habe „die Marokkaner“ in Verona wahlweise innerhalb von einer oder innerhalb von zwei Wochen „vertrieben.“ Jetzt finden sich zwar allerlei Hinweise darauf, dass Tosi zur Schikane für Obdachlose Armlehnen auf Parkbänken anbringen ließ, eigene Bürgerwehren einsetzte und nach dem Mord an einem jungen Mann durch fünf Neonazis in Verona meinte, er wäre für vier der fünf Täter nicht verantwortlich, weil sie nicht aus Verona kämen. Aber Hinweise darauf, ob oder wie Tosi in einer oder in zwei Wochen den Drogenhandel in Verona unter Kontrolle gebracht habe, finden sich nicht.
Die Geschichte mit der raschen Lösung des Straßenhandels mit Drogen ist also erfunden. Oder Rudi Federspiel verwechselt die tatsächlich von seinem Vorbild vertriebenen Roma mit den vermeintlich drogendealenden vermeintlich vertriebenen MarokkanerInnen. Das sagt schon einiges aus: Zum politisch instrumentalisiert aufgeblasenen und immer wieder rassistisch kommunizierten Problem des Drogenhandels auf der Straße kommt also auch noch eine der Fantasie entsprungene einfache Lösung. Rudi im Märchenland.
Noch mehr sagt aber aus, mit wem sich Rudi Federspiel ins Bett legt. Da kann man noch so oft betonen, dass man mit dem Faschismus nichts am Hut habe und zu Premieren von Kinofilmen gehen, die der Aufarbeitung der dunkelsten Jahre dieser Republik dienen sollen. Wer einen verurteilten Verhetzer als Vorbild nennt, der auf Skinhead-Demos geht und nach Nationalitäten getrennte Buseingänge will, steht weit außerhalb des Verfassungsbogens. Wer im Jargon der 30er-Jahre die „Vertreibung“ einzelner Bevölkerungsgruppen als Ziel seiner Politik nennt und wer hoher Funktionär einer Partei ist, die sich zur Angelobung im Nationalrat das Erkennungszeichen der illegalen Nazis der 30er-Jahre aufs Revers heftet, steht jenseits des antifaschistischen Grundkonsenses dieser Republik.
Die Geschäfte laufen jedenfalls. Mit Federspiel und mit „Signore Tosi“.
P.S.: Ich habe auf Facebook fälschlich behauptet, „die Tiroler Medien“ ignorierten Tosi und dessen Politik, wenn Federspiel Verona als Beispiel nenne. Das stimmt so nicht: Das 6020 Stadtmagazin hat in einem Federspiel-Porträt schon 2012 Tosi gestreift und problematisiert.