eure kinder werden so wie wir

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Das nette Lächeln, das mitfühlende G’schau, das aktive Zuhören. Das es geht doch um die Kinder in jedem zweiten Satz, die Sorge in der Stimme, die Verantwortung auf der Stirn. Dauernd Familie und Generationen sagen, aber Sekunden später gleichgeschlechtlich Liebende und lebende Familien anpatzen. Das froh sein, „eine persönliche Geschichte“ gehört zu haben, um sie gleich wieder wegzureden und als Ausnahme darstellen zu können. Und dann, zum Schluss „Umerziehung“ zur gleichberechtigten Darstellung verschiedener sexueller Orientierungen sagen: Gudrun Veronika Kugler hat mich heute zur Weißglut getrieben. Weil ich dieses zynische Nett-tun satt hab, hinter dem sich bornierter Gleichschaltungswunsch und blanker Hass gegenüber Homosexuellen versteckt.

von der kernfamilie zur kernfrage

Die Theologin war heute zu Gast im Puls 4–Format „Pro/Contra“ – eine Diskussionssendung über die LehrerInnenbroschüre „Ganz schön intim“, die sich mit sexueller Aufklärung von 6-12jährigen befasst. Die Broschüre ist ein Unterrichtsbehelf mit Vorschlägen für eine respektvolle, umsichtige Annäherung an verschiedene Sexualitäten und bricht damit mit dem heteronormativen Bild von Liebe. Vorneweg: die Broschüre stellt an einigen Stellen Familienformen vor, die das österreichische Recht noch nicht als legal sieht, die aber trotzdem längst gesellschaftliche Realität sind. So wie Schwangerschaftsabbruch übrigens, der zwar straffrei gestellt, aber de iure nicht erlaubt ist. Schnell war die Diskussion da angekommen, wo sie die militanten Homophoben am Podium und im Publikum haben wollten: Ist Homosexualität normal? Darf man Kindern das zeigen? Sollen homosexuelle Menschen Kinder adoptieren dürfen.

Langsam platzte es heraus aus den ach so verständnisvollen Radikalos. Da ein „Kindesmissbrauch“ für die Erziehung von Kindern in einer nicht-heterosexuellen PartnerInnenschaft – kurz nachdem zwei Reihen weiter vorne eine lesbische Mutter von ihrer Freundin und ihrem Sohn erzählt hatte. Und der Schlussakkord: „Umerziehung“ für eine Broschüre, die längst real gewordene Beziehungs- und Familienformen nicht mehr unter den Tisch fallen lässt, sondern thematisiert und existieren lässt.

einladungspolitik ist politik

Ich bin es leid, dass diese sich so brav und anständig gebärdende Meute den öffentlichen Diskurs dominiert. Ich bin es leid, dass junge Menschen wegen dieser organisierten Hetzpartie ihre vermeintlich von der Norm abweichenden Liebes-, Beziehungs- und Sexualvorstellungen verleugnen müssen. Und Schlimmeres. Ich bin es leid, dass strukturell diskriminierende Pauschalurteile in der veröffentlichten Debatte so abgebildet werden, als wären sie ganz normale Meinungen von ganz normalen BürgerInnen, JuristInnen und Eltern. Deren Kindern kann man nur eine ordentliche Pubertät und ganz viel Rebellion wünschen. Aber die anderen Kinder und ihre vielfältigen Lebensträume kann man vor den HetzerInnen und ihrer repressiven Moral schützen.

Demokratischer Diskurs ist nicht, wenn Alle gar alles sagen dürfen, was ihnen in den Kram passt. Demokratie verlangt auch, dass systematische grobe Respektlosigkeiten gegenüber großen Gruppen von Menschen erst gar keine Plattform bekommen. Zensur wäre, Gudrun Veronika Kugler das Mikro abzudrehen. Sie erst gar nicht einzuladen, wäre ein Zeichen journalistischer Verantwortung gewesen.

6 Gedanken zu „eure kinder werden so wie wir

  1. Ich denke, weil viele glauben: „Kann eh jede/r tun und lassen was er/sie will, was schert mich das katholische Gekeife“ wird übersehen, dass die Daumenschrauben weltweit wieder angezogen werden. Radikalisierungen sind in „Mode“. Aktuell: Aus den Erfahrungen der Vergangenheit ist die katholische Kirche schlauer geworden. Äußert sich ja keiner dazu, kein einzig Bischöflein. Vorgespannt: besorgte Eltern. Damit lässt sich eine breitere Basis erzielen. Katholische Indoktrination halt. Ich glaub nicht, dass es die Mehrheit ist. Aber die Mehrheit hat das Thema bis zum Abwinken satt und überlässt das Feld den Kreuzrittern. Und die machen es derzeit verdammt schlau.

  2. Gerade den letzten Satz finde ich sehr schade, da ich immer wieder grobe Respektlosigkeit den Christen gegenüber bemerke – die sind auch eine große Gruppe.

  3. @Lea Wahode:
    Wir brauchen eben mehr Sexualaufklärung, wenn auch nicht auf diesem Wege. Wenn man bedenkt, dass viele Kinder bereits mit 10 Pornos gesehen haben, muss unbedingt etwas getan werden. Auf http://harri-wettstein.de wird versucht speziell zu diesem Thema passende Methoden zu finden und umzusetzen.

  4. Pingback: Verlinkt • Denkwerkstatt

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