wen ihr wählen sollt

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Ich will eine kurze Geschichte von der Ingrid Felipe erzählen, die ich kennengelernt hab: Ingrid hat nämlich eine ganz besondere Qualität, die selten geworden ist: Sie ist kein Realo. Ingrid hat einen Gerechtigkeitssinn, der sich gewaschen hat. Und sie ist zäh. Viel zäher, als viele andere im politischen Geschäft, die ich kennengelernt hab.

Ich will das an einem Beispiel illustrieren. Im April und im Mai 2011 gab es viele EinflüstererInnen und PragmatikerInnen, die Ingrid geraten haben, sich aus der aktuellen Debatte herauszuhalten. Es schade ihrer Ausgangsposition als mögliche Spitzenkandidatin, was sie mache. Sie werde in ein Eck gedrängt, in dem man keine Wahlen gewinnt. Sie exponiere sich bei ihrem ersten größeren politischen Auftreten zu sehr. Es sei kein verantwortungsvoller Umgang mit den eigenen Ressorcen, sich auf nicht absehbare Zeit in ein einziges politisches Thema hineinzubeißen. Der Fall sei eh nicht zu gewinnen. Ingrid war das egal. Es ging ihr um Gerechtigkeit und um Menschenwürde.

Der 18-jährige Gambier Lamin Jaiteh stand knapp vor der Abschiebung. Es entstand eine starke Protestbewegung. Denn GambierInnen sind von ihren diplomatischen Vertretungen denkbar schlecht repräsentiert. Die Protestbewegung gipfelte in einer Menschenkette um die Polizeistation in Hall, in der Lamin Jaiteh festgehalten wurde und aus der er deportiert werden sollte. Das war natürlich an der Grenze der Legalität. Beides, Protestform und Abschiebung. Aber der unkonventionelle Protest hat Lamins Chancen auf eine Durchführung der von Innenministerin Mikl-Leitner versprochenen Einzelfallprüfung vor der Abschiebung erhöht. Ingrid hat sich nicht nur vor die Kamera gestellt, sie hat Lamin betreut, viele Nachmittage lang. Davon erzählt, wie sie verzweifelt versucht, ihrem damals 8-jährigen Sohn, der die Welt nicht mehr verstand, zu erklären, was da passiere. Keinen Rückzieher gemacht, als medialer Gegenwind aufkam. Darauf gepocht, dass Lamin seine Entscheidungen selber treffen muss, auch wenn es kompliziert ist, ihm seine wenigen Optionen und die Gesetzeslage zu erklären.

Nach der Abschiebung, die wir letztendlich nicht verhindern konnten, war Ingrid eine der wenigen, die den Kontakt zu Lamin in Gambia aufrecht erhalten hat. Auf Demonstrationen hat sie Geld gesammelt. Als einzelne AktivistInnen der Protestnacht kriminalisiert wurden, hat sich Ingrid hinter sie gestellt, zu weiteren Protesten aufgerufen. Sie hat einen ausführlichen ORF-Bericht über Lamins gefährliches Leben in Gambia organisiert, damit aus den Augen nicht aus dem Sinn sei. Trotz gut gemeinter strategischer Ratschläge von rundherum hat sie sich in ihrem Gerechtigkeitssinn nicht irritieren lassen, hat nicht zurückgesteckt. Sie hat später in einem ausführlichen Text zusammengefasst, was in diesen sechs Wochen passiert ist.

Ich hab großen Respekt vor MenschenrechtsaktivistInnen, die keine halben Sachen machen. Deswegen würde ich, wäre ich in Tirol gemeldet, meine Stimme am Sonntag den Grünen geben und „Felipe“ draufschreiben. Und weil ich das als Meldezettel-Wiener nicht darf: Vielleicht findet sich ja jemand, der oder die das statt mir macht.

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