too much verdolmung

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Benni Narodoslawsky ist einer der besten Journalisten dieses Landes, eine echte Edelfeder. Das schreib ich nicht, weil ich heute einmal nicht mit ihm einverstanden bin, sondern weil ich seine Texte seit Jahren gerne lese. Ob er über die slowenische Minderheit in der Steiermark, über eine Villa von Opus dei in einem Wiener Nobelbezirk  oder über Michael Spindeleggers Involvierung in die Oerlikon-Affäre geschrieben hat: Die Artikel waren immer technisch fein gemacht, ich hab immer was gelernt und die Lesefreude war unzweifelhaft.

Danebengehaut. Heute hat der Falter-Journalist aber ordentlich danebengehaut. Das passiert den Besten, keine Frage. Aber die Besten halten ein bißchen Kritik aus. Die Vorgeschichte: Die ÖH Uni Salzburg kündigt an, Aus ÖH-Geldern Fahrten zur Demo gegen den rechtsextremen „Akademikerball“ in der Wiener Hofburg zu refundieren. Die grünen Studierenden schreiben fälschlicherweise, die Fahrten würden „allen Salzburger_innen“ zurückerstattet. Darüber berichtet die Tageszeitung „heute“. Der „Falter“ schreibt dort ab und überprüft den Sachverhalt auf der Homepage der GRAS. Angerufen wird dort niemand: Aber am Donnerstag macht Wiens linksliberales Gewissen am Medienmarkt die ÖH Salzburg zum „Dolm der Woche“. Bebildert ist die Rubrik mit einem nicht gekennzeichneten und benamsten (!) Foto von Simon Hofbauer, dem dortigen ÖH-Vorsitzenden.

Politik ist Politik ist Politik. Der wehrt sich gegen die Verdolmung, kontert in einem Standard-Artikel, die Aufregung sei überproportional: Es habe bisher noch niemand ein Ticket eingereicht, selbstverständlich gelte die Regelung nur für Studierende. Der GRAS-Aktivist argumentiert, dass mit Geldern der ÖH natürlich auch politische Initiativen gesetzt werden sollen. Es werde immer eine Minderheit geben, die sich nicht gut vertreten fühlt. Das sei aber das Wesen demokratischer Einrichtungen. Das erzürnt wieder den „Falter“-Redakteur so sehr, dass der drei Fragezeichen hinter den Satz „Was ist das für eine Auffassung von Demokratie, von Interessenvertretung, von Parlament“ stellen muss. Benni Narodoslawsky steigert sich im Stakkato rhetorischer Fragen dazu, dass das die Verwendung der ÖH-Gelder für „parteipolitische Spielchen“ sei. Wer die ÖH-Mitfinanzierung einer Demo gegen Rechtsextreme befürworte, müsse auch aushalten, wenn eine rechte ÖH-Exekutive eine Demo gegen Homsexualität subventioniere.

Unparteiischer Journalismus? Da liegt für mich der Hase im Pfeffer. Guter Journalismus ist nach meiner Auffassung parteiisch. Viele machen das vor: Christa Zöchling, Eva Weissenberger, Nina Horaczek und viele andere legen sich regelmäßig mit Rechtsextremen an. Dass sie der FPÖ ferner stehen, als anderen Parteien, ist kein Geheimnis. Das gilt auch für Benni Narodoslawsky: Seine Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Kommunikationsstrategie der FPÖ – es ist eine sehr kritische Diplomarbeit die nahelegt, dass der „Falter“-Redakteur sein Kreuzerl am Wahltag auch eher nicht bei den Blauen macht.

Nicht alles, was hinkt. Deswegen ist dieser Vergleich „Demo gegen rechtsextreme Burschenschaften = Demo gegen Homosexualität“ auch so absurd. Die Verwendung öffentlicher Gelder ist per se ein Politikum. Wenn die Österreichische HochschülerInnenschaft Demo-Fahrten subventioniert, ist das eine hochpolitische Angelegenheit, über die man geteilter Meinung sein kann. Das rechtfertigt aber nicht die Verunglimpfung des dafür letztverantwortlichen ÖH-Funktionärs mit Berufung auf die Tageszeitung „heute“, zuerst im Blatt und heute auf dem privaten Blog eines Redakteurs unter der fragwürdigen Titulierung „S. Hofbauer“: Da spielt jemand Äquidistanz zwischen „rechts“ und „links“, wo Äquidistanz völlig fehl am Platz ist.

Wo die Dolme sind. Was an der ÖH Uni Salzburg passiert, ist diskutabel. Aber es ist Aufgabe der gewählten Uni-Vertretungen, Politik zu machen und nicht nur Mitschriften zu kopieren und Mensa-Bons für die Studierenden zu keilen. Über die Wahl der Mittel lässt sich trefflich streiten. Über den rechtsextremen Ball nicht: Abgesehen von ein paar wenigen IdiotInnen auf der Gegendemo hat die Versammlung der Dolme nämlich in der Hofburg stattgefunden. Das weiß eigentlich auch die Redaktion im „Falter“.

Disclaimer: Ich kenne Benni Narodoslawsky persönlich, aber der untergriffigen Attacke gegen Simon Hofbauer, den ich noch nie getroffen habe, muss nach meiner Ansicht auf gleich öffentlicher Ebene widersprochen werden.

4 Gedanken zu „too much verdolmung

  1. Ist das tatsächlich so gemeint: Parteilichkeit als Gütesiegel von Journalismus?

    Was ist mit dem Argument als Kern? Der Gründlichkeit und Recherche als Bedingung? Der Erörterung und Widerlegung als Methode? Nichts?

      • Ich würde das den Journalisten selbst überlassen: Demjenigen, dem Demokratie etwas bedeutet, der wird sie auch verteidigen. — Wie vehement und im Rahmen welcher Position kann man schwerlich festlegen, außerdem könnte sogar das Gegenteil geboten sein (nicht jeder Gegner verdient Aufmerksamkeit).

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