Sie dürfte damals kürzlich ihren 50er gefeiert haben. Es war auf einer Podiumsdiskussion über Bildungspolitik – ich junges SPÖ-Mitglied, SchülerInnenvertreter, Happywendeaktivist. Für den Klassenkämpfer in mir gab’s kaum Schlimmeres als bürgerliche Grüne. Und irgendwann packte die kleine Frau das, was Georg Willi gestern „heiligen Zorn“ nannte. Mitten in einer Diskussion über Gesamt- und Ganztagsschulen rabiater Themenwechsel, Publikum bass erstaunt.
Die SPÖ solle aufhören, über die durch schwarzblau drohenden Menschenrechtsverletzungen zu jammern. Es sei doch ein roter Innenminister gewesen, unter dem der nigerianische Asylwerber Marcus Omofuma ermordet worden sei. Den AusländerInnen in Österreich werde gerade auch von der SPÖ systematisch jeder Stein in den Weg gelegt, den man irgendwo finden kann. Sie sehe das an den Menschen, die sie jeden Tag treffe – im Integrationshaus, in den Asylheimen, auf der Straße.
Es hat nicht lange geduert, bis ich mit meinen FreundInnen in den roten Jugendorganisationen über die SPÖ zu streiten begann. Eine überzeugte Katholikin mit sanfter Stimme, die fast meine Großmutter sein könnte, hat meinen Bruch mit der SPÖ eingeläutet. Ich durfte sie später drei Jahre als Politikerin mit ihr zusammenarbeiten. Für einen Pressesprecher keine einfache Aufgabe. Es ging ihr nie darum, in der Zeitung zu stehen. Nicht sie, sondern ihre Themen sollten in der Zeitung stehen. Sie wollte nie einen schnellen Skandal zur Bewusstseinsbildung in die Medien bringen, wenn dadurch auch nur die minimale Gefahr bestand, dass der Fall der Betroffenen schwieriger werden könnte. Sie hat die Grünen auch in schwierigen Phasen mit ihrer sanften Autorität in Menschenrechtsfragen auf Kurs gehalten. Der heilige Zorn konnte auch Rechtsabweichler aus den eigenen Reihen treffen.
Gestern haben wir Elisabeth Wiesmüllers 60ten Geburtstag gefeiert. Ich sage danke und wünsche alles Gute, von ganzem Herzen!