fünfundzwanzig millionen eiskugeln

„Geah z’ruck noch Rumänien oder wo herkimmsch“, hat ein älterer Herr gestern einem kleinen Mädchen gesagt, das vor dem Sillpark um einen Euro gebettelt hat. „I bin ober vu Innschbruck“ hat sie geantwortet. Das kleine Mächen wollte sich ein Eis kaufen, sie hat das ganze Jahr noch keines bekommen. „Kenn ma ins nit leischten“, sagt ihr die Mama. Den Papa kennt sie nicht.

Natürlich kann es sein, dass „die Mama“ genug Geld hätte, aber es lieber für ein neues Handy oder für Zigaretten oder für eine Haartönung ausgibt. Aber diese Variante als Generalverdacht ist eine Legitimationsstrategie von denen, die sich’s leisten und fast alles richten können. „Da kann man halt nichts machen, wenn die Prolos falsche Prioritäten setzen.“ Thema abgehakt – soziale Ungerechtigkeiten gibt’s halt einmal. Aber richtig arm sind die Leute in Afrika, sagt die ÖVP – noch so eine Legitimationsstrategie.

Ich wusste, dass es zehntausende manifest arme Menschen in Innsbruck gibt. In ganz Tirol wachsen 20.000 Kinder in Armut auf. So deutlich, wie gestern, hab ich die Armut in Innsbruck noch selten gesehen. Wenn man politische Maßnahmen setzen will, muss man zuerst die Voraussetzungen dafür schaffen, die Maßnahmen messbar zu machen. Man müsste also wissen, wie viele Menschen in Innsbruck arm sind und welche Faktoren zu einer höheren Armutsgefährdung führen. Dann könnte man den Menschen aus der Armut heraushelfen und die Maßnahmen mit einem neuen Bericht evaluieren und verbessern. Klingt technokratisch, nicht?

Aber so weit sind wir bei Weitem nicht. Ich hab mir 10 Minuten Zeit für ein Experiment genommen: Ich hab die Innsbrucker Bürgermeisterin und ihre zwei Vizes durch Google gejagt, in etlichen Varianten mit „Armut“, „Kinderarmut“, „Armutsgefährdung“, „Armutsbekämpfung“ und mit einigen anderen Schlagwörtern.

Heraus kommt Null. Nichts. Kein einziges Mal hat eine oder einer aus der Stadtführung irgendwo öffentlich über Armut gesprochen. Dafür hat der Vizebürgermeister Kaufmann vorgestern in der Pause von Spanien-Südkorea vor 17.000 im Tivoli die Jugendolympiade gelobhudelt. 2012 kommen nämlich 1.000 LeistungssportlerInnen zwischen 14 und 18 nach Innsbruck. Das kostet mindestens 25 Mio. Eiskugeln.

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