Guten Morgen, es ist so weit: Donald Trump hat alle Stellen im Weißen Haus gebeten, die Amtsübergabe an Joe Biden vorzubereiten. In einem Tweet, der explizit auf die für das Übergabebudget von 10 Mio $ verantwortliche Beamtin eingeht (und ihr für ihre bis dahin vorhandeneStandhaftigkeit dankt), schreibt Trump zwar abstrakt, dass der Kampf weitergehe. Aber der offizielle Auftrag zur Übergabe ist das nächste zu einem Eingeständnis seiner Niederlage, das wir bekommen werden.
Warum ist es jetzt so weit? Trump hat keine legalen Optionen mehr, für die illegalen Optionen fehlt ihm die Gefolgschaft und er hat kein Geld mehr. Sein juristisches Team ist nach über 30 Niederlagen vor den Gerichten der Bundesstaten auseinandergebrochen, sein Anwalt Giuliani hat sich zum Gespött der Nation gemacht. Der Versuch der Beeinflussung von Legislativen in den entscheidenden Bundesstaaten war zwecklos, das hat Trump jetzt erkannt: gestern hat Michigan sein Ergebnis bestätigt, in Arizona und Pennsylvania haben fast alle Wahlbezirke ihre Ergebnisse bestätigt.
Trotzdem war das knapp und man darf 2018 nicht vergessen. Erst seit 2018 haben drei der entscheidenden Bundesstaaten, Michigan, Wisconsin und Nevada, wieder demokratische GouverneurInnen und damit ein Veto gegen erschwindelte Delegationen zum Electoral College. Und erst seit 2018 wissen die Republicans in Georgia schwarz auf weiß, dass sie hier wirklich verlieren können und reagieren deswegen möglicherweise vorsichtiger auf allzu banale Wahlfälschungsversuche. „Elections matter“ – in dem Fall war die Wahl 2018 jene, die eine demokratische Firewall in den Regierungen entscheidender Bundesstaaten aufgebaut hat.
What‘s Next? Trump ist nicht weg aus der Politik. Ohne Trumps Sanktus wird niemand die Partei übernehmen können, auch wenn die BewerberInnen schon Schlange stehen. Trump hat über 10 Millionen Stimmen mehr als jede/r RepublikanerIn vor ihm geholt, seine Gefolgschaft verlässt in Scharen das in Ungnade gefallene Fox News und die noch rechteren TV-Stationen haben auf einmal ein Millionenpublikum. Wer jetzt auf eine Machtübernahme der „Vernünftigen“ in der Republikanischen Partei hofft, irrt. Es geht nur von Trumps Gnaden. Und einige Nachfolgekandidaten (!) sind um nichts weniger gefährlich. Es kann aber auch sein, dass Trump bald ankündigt, 2024 wieder antreten zu wollen. Dann ist die Nachfolgediskussion obsolet.
Auf demokratischer Seite ist der Fokus jetzt ganz auf dem Kampf um die wichtigen Posten in Joe Bidens Kabinett. Die meisten Namen werden Nicht-Nerds nichts sagen. Richtig prominent ist bisher nur Bidens Klimabeaufragter, der ehemalige Präsidentschaftskandidat und Außenminister John Kerry. Sonst setzt Biden auf Leute, die er schon sehr lange kennt. Jung bist du unter den bisher bekannten Besetzungen schon mit 50. Aber es gibt ein paar inhaltliche Ansagen, wie etwa die keyensianische Finanzministerin Janet Yellen und einen der Autoren der Dreamers-Gesetzgebung zur Legalisierung des Aufenthaltsstatus von Millionen eingewanderten Kindern, Alejandro Mayorkas, als Chef des mächtigen Department of Homeland Security. Die „Big Guns“ wie Elizabeth Warren, Bernie Sanders oder Susan Rice, sind noch nicht unter den bekannt gewordenen Nominierungen und würden wohl auch Schwierigkeiten haben, in einem Senat bestätigt zu werden, in dem die Democratsim besten Fall ein 50/50 schaffen, sollten sie beide Stichwahlen in Georgia gewonnen. Das wissen wir aber nicht vor 5. Jänner. Wenn Biden bis dahin wesentliche Ministerien nicht nennen würde, könnten die Republicans die Stichwahlen in eine Abstimmung über einen Minister Sandersumdeuten. Für diese von vielen gewünschte Geste in Richtung des langjährigen Kämpfers sind die Mehrheitsverhältnisse nicht gut und die Timeline schlecht.
Long story short: Trump ist vorerst geschlagen, der Trumpismus lebt, Joe Biden muss in eine Große Koalition mit einem äußerst unwilligen Koalitionspartner. Langweilig wird das jedenfalls nicht.