Im Mai gab es eine Woche vor der Stichwahl zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer ein TV-Duell. Das unmoderierte Gezänk war ein Turbo für die letzte Wahlkampfwoche: Die zerstörerischen Gesprächstaktiken des FPÖ-Kandidaten haben viele Menschen motiviert, zu spenden, sich zum Flugzettelverteilen für Van der Bellen zu engagieren und zur Wahl zu gehen, selbst wenn nicht alle restlos vom Kandidaten überzeugt waren.
Das TV-Duell heute abend war zwar mehr oder weniger moderiert, aber ein ähnliches Gemetzel. Wieder hat FPÖ-Hofer jeden Ansatz einer seriösen Diskussion im Keim erstickt. Trotz eineinhalb Stunden Sendezeit ist es mit so einem Gegenüber nicht möglich, ernsthaft Positionen auszutauschen. Das ist schade, weil man kein Bild der Kompetenz der Kandidaten bekommt – sondern nur davon, wer besser beffeln kann und wer die verbale Blutgrätsche ansatzloser beherrscht.
Das ist kein Zufall: Die FPÖ weiß ganz genau, dass ihr Kandidat bei einer sachlichen Diskussion über die ganze Bandbreite der Themen von Außenpolitik über Energiepolitik bis zu Demokratietheorie und (vor allem!) Wirtschaftspolitik ziemlich nackert ausschauen würd. Deswegen ist die Gesprächsführung von FPÖ-Hofer auch ausschließlich aufs Verächtlichmachen des Gegenübers, auf Ablenkung und auf Zerstörung ausgelegt.
Es ist umso mehr Zeit, zu erzählen, was Van der Bellen kann. Bei so einer Wahl geht’s ja um den/die geeignete/n VertreterIn der Republik nach Außen. Das ist ja nicht wurscht, welche Person da im Namen Österreichs diplomatische Gespräche führt, Reden bei großen repräsentativen Veranstaltungen hält, den Oberbefehl über das österreichische Bundesheer innehat und Delegationsreisen begleitet. Wir wählen das Aushängeschild der Republik.
Van der Bellen kann… über sich selber lachen: Ich hab das viele Male erlebt. Bei Vorbesprechungen zu Medienterminen und zu Veranstaltungen, immer einen Schmäh auf den Lippen. Und immer einen mit feiner Klinge über sich selbst oder die eigene Gruppe. Kein Schenkelklopfer zum Schaden anderer. Eine gesunde Distanz zu sich selbst, die er etwa mit Bundeskanzler Kern teilt.
Van der Bellen kann… Fehler eingestehen: Ein Tiroler Abgeordneter hält auf einem Kongress eine Rede gegen einen Vorschlag Van der Bellens und ist dabei recht heftig. In der Mittagspause fragen eine Kollegin und ich Van der Bellen eine harmlose Frage und kriegen eine patzige Antwort darüber, dass er jetzt eigentlich zu haß auf die Tiroler sei und wir könnten das ja mit dem Abgeordneten besprechen, wenn der so g’scheit sei. Zwei Stunden später zurück im großen Veranstaltungssaal sucht er irgendwen, kommt in unsere Richtung. Er wollte nur sagen, wir hätten da was abgekriegt, was nicht für uns gewesen wäre. Es tue ihm leid und wir sollen was auf seine Rechnung trinken.
Van der Bellen kann… jedes Gespräch auf Augenhöhe führen: Erlebt auf einer Veranstaltung in Fulpmes im Stubaital. Klimapolitik war angesagt, es waren nicht sehr viele Leute da. Vielleicht 20, wenn überhaupt. Die Leute hatten ganz unterschiedliche Anliegen, teilweise wenig zum Thema passend. Einer wollte sich hauptsächlich darüber beschweren, dass er auf der Autobahn nicht 200 fahren könne. Eine Frau wollte über die Erbsünde der Ausgetretenen diskutieren. Ein schon etwas betrunkener junger Mann über das Leben nach dem Tod, über die Hölle und über Sartre. Unsere Versuche, die Gespräche abzukürzen und aufs Gehen zu drängen, hat Van der Bellen unterbunden. Und sich danach gefreut, dass er interessante Perspektiven gehört hatte.
Van der Bellen kann… vor allem die gesamte Themenpalette bedienen, die einem Bundespräsidenten oder einer Bundespräsidentin begegnen können: Von Ökonomie und Arbeitsplatzschaffung, Kosten-Nutzen-Analysen im Straßenbau, über einen ökologischen Umbau der Steuern und über die Klimakatastrophe hat er geforscht und geschrieben. Über das große Thema Flucht und Diktatur braucht Van der Bellen niemand etwas erzählen, sind doch seine eigenen Eltern zwei Mal vor den Sowjets geflohen. (hier nachzulesen: http://www.zeit.de/…/alexander-van-der-bellen-vater-fluecht…). Als ehrenamtlicher Universitätsbeauftragter der Stadt Wien hat er sich um internationale Hochschulkooperation und um Erleichterungen für die Mobilität von Studierenden aus und nach Wien verdient gemacht. Als Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik und die Vereinten Nationen und als langjähriger stellvertretender Obmann des Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrats sind ihm internationale Angelegenheiten vertraut. Und vieles mehr.
Alexander Van der Bellens Biographie, seine breite Palette an fachlichen Kompetenzen, seine zurückhaltend-diplomatische, abwägende und ruhige Art, qualifizieren ihn als best geeigneten Nachfolger für Heinz Fischer, der sehr ähnliche Qualitäten in dieses Amt mitgebracht hat und der Van der Bellen auch als seinen Nachfolger empfiehlt.
Lasst uns Alexander Van der Bellen am Sonntag noch einmal wählen. Es geht um jede einzelne Stimme.