vom ende der bildungspolitik

Der ÖVP-Gendarm aus dem Tiroler Oberland als Bildungsreformer. Die neueste ÖVP-Abspaltung mit rosa Plakaten vor dem Bildungsministerium. Die ‚tägliche Turnstunde‘ dank ÖFB, ÖSV und anderen Organisationen, die sich die Korruptionsstaatsanwaltschaft einmal anschauen sollte, in aller Munde. Neue Zugangshürden und ein kommender Flächenbrand auf den Unis, weil in der SPÖ die Jugendorganisationen mittlerweile Kompetenz-Monopol in der Hochschulpolitik haben, aber trotzdem ignoriert werden. Der Status quo der heimischen Bildungsdebatte ist bedrückend.

Streitpunkt Nachmittagsbetreuung? Sonst geht’s euch gut?

Am Höhepunkt der Debatte über die PISA-Studie 2002 hatten wir eine Diskussion darüber, ob man’s nicht den skandinavischen WeltmeisterInnen nachmachen sollte. Damals wurde über eine echte Gesamtschule diskutiert, nicht über den Ausbau der Nachmittagsbetreuung. Wie absurd letztere Debatte ist, steht hier. Man muss sich das wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Die offizielle Republik streitet nicht über das Schulsystem und über eine große Bildungsreform, die endlich versteht, dass Schulen selbstorganisierte Wissenszentren sein müssen, statt Lernanstalten. Die offizielle Republik streitet nicht darüber, ob wir heute oder morgen die Schulen radikal umbauen, LehrerInnen Arbeitsplätze an ihrem Arbeitsplatz einrichten und ob wir uns endlich dazu bekennen, dass wir nur allen Kindern alle Chancen bieten können, wenn wir sie aus ihren sich reproduzierenden Milieus herausholen. Und zwar den ganzen Tag. Nein, die offizielle Republik streitet nicht über dringende Grundsatzfragen, sondern ernsthaft darüber, ob es mehr Nachmittagsbetreuung an den Schulen braucht. Geht’s euch noch gut? Das ist die größte No-na-Frage seit Zwentendorf.

Wie der Vater, so der Sohn

Wir hatten 2002 auch noch ein anderes Bekenntnis: Jenes der oppositionellen Sozialdemokratie zur Ausfinanzierung der Universitäten und zum offenen Hochschulzugang. Statt dessen wird heute mit einem roten Kanzler als Erfolg verkauft, dass noch nicht alle Studienrichtungen zugangsbeschränkt sind und das nur Nicht-EU-BürgerInnen fette Studiengebühren zahlen müssen. Zugangsbeschränkungen sind nicht irgendwelche Hürden. Sie sind auf der Medizin für Menschen höher, die nicht in Papas Praxis aus und ein gegangen sind. Sie sind auf der Architektur höher für Menschen, die nicht schon mit 7 mit Mama ihr eigenes Bett geometrisch gezeichnet haben. Sie werden am Juridikum höher für Menschen sein, die nicht den großen Bruder in Strafrecht geprüft haben.

Unter den Rädern

Der rote Faden: Es ist schlimmer als 2002. Wir haben drei statt zwei Schulformen in der ersten Sekundarstufe. Die Struktur unserer Schulen ist immer noch eine Anstalt, kein Netzwerk. Segregation feiert fröhliche Urständ – wir haben tatsächlich Deutschlernklassen. Wir haben höhere Hürden zu den Universitäten. Die soziale Durchlässigkeit, das ureigenste Anliegen von Bildung, kommt unter diesem neoliberalen Bildungsregime unter die Räder.

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