Nun, das wird schwierig für Joe Biden: an mittlerweile drei verschiedenen Orten, in seinem früheren Think-Tank-Büro, in seiner Garage und in seinem Wohnhaus in Wilmington/Delaware, sind Regierungsdokumente aufgetaucht, die da nicht sein sollten.
Denn es gibt eine strenge Geheimhaltungs- und Dokumentationspflicht für offiziellen Schriftverkehr in höchsten politischen Ämtern in den USA.
Biden sagt, er sei kooperativ – seine eigenen Anwälte hätten beim Aufräumen seines Think-Tank-Büros die Dokumente gefunden, er hätte von Anfang an aktiv mit der Justiz kooperiert und er zieht damit natürlich bewusst einen starken Kontrast zu Donald Trump. Denn auch bei dem sind im vergangenen Sommer in Privatunterkünften geheimzuhaltende und dem Nationalarchiv zur Verfügung zu stellende Dokumente gefunden worden. Allerdings musste bei
Trump das FBI einmarschieren, nachdem dessen Anwälte monatelang die Existenz von Dokumenten geleugnet und die Herausgabe verweigert hatten.
Es gibt also schon einen großen Unterschied in der Form, aus dem sich auch eine vermutlich unterschiedliche inhaltliche Problematik zwischen Trumps und Bidens Regierungsakten ableiten lässt.
Allerdings ist die Optik dennoch dramatisch: es ist unklar, was der Inhalt der Biden-Geheimdokumente ist. Aber es ist klar, was die RepublikanerInnen und der ihnen gewogene Teil der Öffentlichkeit daraus machen wird.
Das seit November knapp unter republikanischer Führung stehende House wird es nicht dabei belassen, die juristischen Untersuchungen dem Justizministerium und dessen Sonderermittler zu überlassen.
Zwar wurde ein von Trump nominierter ehemaliger Staatsanwalt als Sonderermittler eingesetzt, aber der Elfer liegt am Punkt: mit einer raschen politischen Ermittlung durch einen Ausschuss des House gehen alle Diskussionen über das Chaos bei den RepublikanerInnen weg.
Die RepublikanerInnen werden das Thema ausschlachten, ganz egal was wirklich dran und drin ist in den Dokumenten. Ob Joe Biden die eigenen demokratischen Reihen geschlossen und dennoch zur Wiederwahl antreten wird können, das hängt ganz entscheidend von der weiteren Krisenkommunikation und von der Substanz der Dokumente ab.
Ausführlicher könnt ihr das im Podcast des „Kurier“ nachhören, der mich heute dazu interviewt hat:
https://kurier.at/podcasts/daily/neue-geheimakten-was-biden-jetzt-droht/402289463