
1. Funktion: Fast alle Gesetze entlang großer ideologischer Konfliktlinien, sowieso zu God, Guns and Gays aber auch zu Parteienfinanzierung und Co, landen vor dem Supreme Court. Es findet sich immer jemand – Private oder Bundesstaaten – die über die (Nicht-)Verfassungsmäßigkeit ganze Gesetze kippen wollen. Und zwar natürlich aus ganz anderen Gründen als einer (Nicht)-Verfassungsmäßigkeit.
2. 6:3-Gericht: es zeigt sich in den Hearings, dass die RepublikanerInnen 51 ihrer 53 Stimmen fix beinander haben. Amy Coney Barrett wird Ruth Bader Ginsburgs Nachfolgerin. Und zwar noch vor 3. November.
3. Damit kommen natürlich noch viel mehr Gesetze von republikanischer Seite zur Überprüfung vor die Gerichte und den Supreme Court. Denn jetzt steht‘s nicht mehr 5:4 mit einem nicht immer verlässlichen Konservativen in der „Mitte“, sondern klar 6:3, das macht Türe und Toren auf. Wofür?
4. Schon in der ersten Woche nach der Wahl steht ein Versuch republikanischer Staaten, Obamas (beliebte) Gesundheitsreform über eine Steuerklausel zu kippen. Und auch in Woche 1 klagt eine christl Kinderbetreuungseinrichtung wegen Diskriminierung, weil sie die Stadt Philadelphia wegen dem Nicht-Akzeptieren gleichgeschlechtlicher Elternpaare von einer Ausschreibung ausschloss. Diese beiden hoch brisanten Fälle zeigen, wie weitreichend die Entscheidungen des Supreme Court sind und gibt einen Vorgeschmack auf das, was die RepublikanerInnen mit einem 6:3-SC vor haben.
5. Was können die Dems tun? Eine demokratische Mehrheit im Senat und Biden im WH vorausgesetzt, gibt es eine nukleare, eine abwartende und eine pragmatische Option. Radikal wäre, das Gericht mit weiteren RichterInnen aufzufüllen. Dieses Court Balancing kann der Senat mit einfacher Mehrheit machen, es gilt aber als radikale Option, weil es den Konsens eines 9er-Gerichtshof bricht. (Dems argumentieren hier, das hätten Reps mit einem de facto 8er-Court bei der Nicht-Nachbesetzung des Scalia-Sitzes 2016 schon getan, aber das ist eine andere Story). Die abwartende Position setzt darauf, dass der 6:3er-SC um die Möglichkeit des Court Balancing durch die (dann demokratische) Legislative und Exekutive weiß und sich deshalb erst gar keine radikalen Beschlüsse zu fassen traut. Und die pragmatische Option lautet, einfach alle vom SC gekippten Gesetze legislativ rasch zu „reparieren“ und gültig zu machen, bis sie wieder am SC landen.
6. Und Roe v Wade? Ja, das bahnbrechende Urteil zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen aus 1973, könnte auch kippen, aber dazu ein ander Mal ausführlich.
7. Und Hochstgerichtsurteile zu den Wahlen am 3. November? Auch die könnte es brauchen, Trump will alleine deshalb schon einen voll besetzten SC am Wahltag. Worum könnte es da gehen? Das Höchstgericht könnte die Auszählung von Stimmen stoppen oder in Rechtsstreitigkeiten über Wahlkarten und deren Gültigkeit je nach Poststempel-Datum die Letztentscheidung treffen dürfen/müssen. Es geht also um verdammt viel am Wahltag: denn je klarer der Biden-Sieg, desto weniger helfen Dirty Tricks der RepublikanerInnen.