Die #us20-Debatte dreht sich inzwischen wegen der stabil starken Werte von Biden und der schwachen Werte von Trump um die Frage, wie der US-Präsident den Turnaround noch schaffen und sich bei der Wahl im November eine zweite Amtszeit sichern könnte.
Drei wesentliche Optionen werden diskutiert, eine vierte ist ebenfalls nicht undenkbar, liegt aber nicht in Trumps alleiniger Macht:
1) Neue Vizepräsidentin: Trump mag die Superlative. Die allererste Frau als Vizepräsidentin noch vor November durchzusetzen oder als Kandidatin auf seinem Ticket zu haben, wäre ein interessanter Move. Die Theorie: Die Evangelikalen, die der aktuelle Vizepräsident gut vertritt, wählen sowieso alleine aufgrund der laufenden RichterInnenbestellungen, sowieso das Trump-Ticket. Eine Frau am Ticket würde dazu führen, dass die früheren Trump-Wählerinnen aus den Vorstädten – sozialkonservative Mittelschichtfrauen, die 2018 und in den Umfragen für 2020 in Massen zu den DemokratInnen gewandert sind – noch einmal einen Blick auf die Option RepublikanerInnen werfen. Wer käme dafür in Frage? Da fallen am häufigsten die Namen der ehemaligen Gouverneurin von South Caronlina und US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley und jener der jungen Kongressabgeordenten Elise Stefanek, die auch als ehemalige Mitarbeiterin von George W. Bush bei moderaten WählerInnen punkten könnte.
Option 2) für einen Trump-Turnaround: Mindestens einen Höchstrichter zum Rückzug bewegen. Momentan steht’s am Höchstgericht 5:4 für von Republikanern nominierte RichterInnen. Wenn sich einer der älteren Republikaner zurückzöge, käme es zu einem Nominierungskampf im Senat wie zuletzt um Höchstrichter Kavanaugh. Wenn Trump seine 53 Schäfchen im Senat beinander hat, dann kann er da eine wochenlange Auseinandersetzung um Themen inszenieren, bei denen er in moderaten Zielgruppen punkten kann: God, Guns and Gays, sind die Schlagworte zu wichtigen Entscheidungen des Höchstgerichts. Der Nachteil: Ob so ein Stunt den gefährdeten republikanischen SenatorInnen in ihren Senatsrennen für November hilft und ob die da mitmachen, ist fraglich.
Variante 3) ist ein außenpolitisches Spektakel. US-PräsidentInnen selbst können viel symbolische Politik machen und haben für viele wichtige politische Jobs und Posten das alleinige Vorschlagsrecht, aber innenpolitisch bleibt ihnen oft wenn überhaupt nur ein Veto. Außenpolitisch dagegen ist die Inszenierung von Konflikten und in gewissem Ausmaß auch der Einsatz des Militärs in der Verfügungsgewalt des Commander in Chief. Es ist davon auszugehen, dass in den Schubladen des Trump-Teams Eskalationsszenarien für internationale Konflikte liegen, wenn nichts anderes davor Trumps Umfragewerte verbessert.
Variante 4), die nur zum Teil in Trumps eigener Macht liegt, ist Joe Biden: Der hat eine starke Tendenz zu verbalen Ausrutschern und scheint in manchen Momenten geistig nicht immer 100%ig auf der Höhe. Wenn Biden einen solchen Moment live im Fernsehen liefern sollte und Trump neben Biden auf einmal 20 Jahre jünger wirkt, dann könnte auch das Trump zurück ins Rennen bringen. Er wird so etwas jedenfalls zu provozieren versuchen, davon ist spätestens bei den TV-Debatten auszugehen.
Also: ein paar Trümpfe hat Trump noch im Ärmel. Stay tuned!