it’s (still) the economy, stupid

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Eine ganze Batterie an Umfragen aus entscheidenden Bundesstaaten bei den nächsten Wahlgängen sorgt in den USA für Aufregung. Sie zeigen, dass Donald Trump just dort, wo er Hillary Clinton um die Präsidentinnenschaft brachte – im industriellen Mittleren Westen – jetzt ein gewaltiges Problem hat. Und zwar nicht wegen seiner skandalösen Verhältnisse zu Frauen, die er bezahlte und nicht wegen seiner skandalösen Beziehungen nach Moskau und auch nicht wegen seines Zick-Zack-Kurses zu Nordkorea oder unverhohlener Eskalationen gegen den Iran: Nein, wegen wirtschaftlicher Fragen oder wie Bill Clinton 1992 als zentralen Satz für seine erste Wahl als Präsident ausgab: It’s the economy, stupid.

Und das geht so: Um außenpolitisch möglichst großspurig auftreten zu können, muss Trump immer mit hohen Karten spielen, wenn verhandelt wird. Da heißt es dann sofort, Einfuhrzölle hier und Handelsbarrieren dort und vieles mehr. Das Problem ist nur: Wesentliche Teile der WechselwählerInnen in den (agrar-) industriellen Bundesstaaten leben vom Export und brauchen für das Überleben ihrer Betriebe unbedingt stabile Verhältnisse. Nimmt Trump sie – zum Beispiel die Sojabauern aus Iowa oder die Schweinebäuerinnen aus Michigan – als Faustpfand mit an den Verhandlungstisch, dann zockt er nicht nur mit der wirtschaftlichen Existenz dieser hunderttausenden Betriebe, er verzockt auch seine Chancen auf eine Wiederwahl. Die scheitert wenn dann nicht an seiner durchgeknallten Persönlichkeit oder an undiplomatischen Verhandlungen mit irgendwelchen Despoten, sondern an Unvermögen und ökonomischem Irrsinn, den die Leute direkt in ihrer Tasche spüren.

Es erinnert ein bißchen an Obamas Wiederwahl 2012, die in genau jenen industriellen Bundesstaaten Pennsylvania, Michigan und Ohio gelang: Obamas Gegner Mitt Romney hatte in einem Leitartikel am Höhepunkt der Wirtschaftskrise vorgeschlagen, man möge die Autoproduktionshauptstadt mit den Hauptsitzen von General Motors, Ford und Chrysler, nicht mit staatlichen Paketen retten, sondern bankrott gehen lassen. Jetzt hätte eine Tirade gegen Detroit an sich durchaus Platz in einer republikanischen Strategie, hier leben 83% AfroamerikanerInnen und in der Stadt selbst bekommt die GOP keinen Fuß auf den Boden. Aber synonym hieß der Leitartikel von Romney: Wir sperren eure Arbeitgeber zu. In Kombination mit dieser handwerklich fantastischen Fernsehwerbung von Obama war das damals das K.O. für Romney.

Hat Trump schon verloren? Natürlich nicht. Aber er ist in einer kritischen Phase: Im Herbst will er die Mehrheiten der RepublikanerInnen in den beiden Häusern des Parlaments – im RepräsentantInnenhaus und im Kongress – retten. Verliert seine Partei hier hoch, werden viele RepublikanerInnen für die Wahlen 2020 vor allem um ihr eigenes Leiberl rennen und jenes des Präsidenten weniger schonen, als das bisher der Fall war. Dieser Effekt ist das toxische an der Situation, in die sich Trump hineinmanövriert hat: It’s still the economy, stupid.

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