verliert obama die mehrheit im senat?

Bildschirmfoto 2014-09-30 um 17.44.59   Am 4. November 2008 war die Sensation perfekt: Senator Barack Obama war eben zum US-Präsidenten gewählt worden, der erste Afro-Amerikaner im Weißen Haus. Auf den Tag sechs Jahre später dürfte die Senats-Mehrheit für seine democrats verloren sein. Der Präsident stünde dann für die letzten beiden Jahre seiner Amtszeit einer republikanischen Mehrheit in beiden Häusern des US-Kongress gegenüber. Das hat auch sehr viel mit Obama zu tun: Der US-Präsident ist unbeliebter, als es George W. Bush am Höhepunkt der UN-Hearings zu den erfundenen Massenvernichtungswaffen im Irak war. Waren mit dem Rückenwind von Obamas 2008er-Wahlsieg bei den gleichzeitigen Senatswahlen 60 von 100 SenatorInnen aus seiner Partei, sind die Aussichten für die Rettung der Mehrheit im Senat trüb. „Mehrheit“ ist übrigens relativ: Bei 50 von 100 SenatorInnen entscheidet der Senatsvorsitzende und das ist der (demokratische) Vizepräsident. Aber die Felle der demokratischen SenatorInnen, die um ihre Wiederwahl kämpfen, schwimmen davon. Drei bisher demokratische Senatssitze sind jedenfalls weg. Von den neun Senatsrennen am 4. November, die noch nicht entschieden sind weil die Umfragen knapp sind, müsste Obamas Partei fünf gewinnen – in acht der neun Rennen führen allerdings RepublikanerInnen.

drei mal drei

Da sind einmal die klassisch republikanischen Staaten Louisiana, Arkansas und Alaska: Hier stehen die drei demokratischen SenatorInnen Mary Landrieu, Mark Pryor und Mark Begich mit dem Rücken zur Wand. Noch im Sommer wirkten die drei von Obama gewonnenen `purple states` Colorado, Iowa und North Carolina wie eine Firewall für die demokratische Senatsmehrheit – momentan sieht es aus, als könnte von diesen drei Staaten nur Senatorin Kay Hagan in North Carolina einen demokratischen Sitz halten. Und dann gibt es die demokratischen Hoffnungsgebiete Kansas, Georgia und Kentucky. Letztere sind recht schnell abgehandelt: Die beiden demokratischen Kandidatinnen hatten im Sommer Kopf-an-Kopf-Umfragen mit den jeweils sehr konventionell-republikanischen Kandidaten, einem alten Konservativen und einem Geschäftsmann, sind aber mittlerweile aufgrund des allgemeinen Trends in Richtung GOP auf tief-republikanischem Terrain deutlich zurückgefallen. Komplizierter ist Kansas: Hier hat sich der aussichtslose demokratische Kandidat im letzten Moment von Stimmzettel streichen lassen, um die Chancen des unabhängigen Multimillionärs Greg Orman gegen den äußerst unbeliebten republikanischen Amtsinhaber Pat Roberts zu steigern. So ist das tiefrepublikanische Kansas ein knappes Rennen zwischen einem möglicherweise für die demokratische Fraktion stimmenden Unabhängigen und einem Republikaner. Dennoch: Die democrats müssten fünf dieser neun Staaten gewinnen. Schafft Kay Hagan die Wiederwahl in North Carolina und holen Mark Udall und Bruce Braley in den von Obama gewonnenen Bundesstaaten Colorado und Iowa ihre Rückstände auf und gewinnt Greg Orman in Kansas und stimmt im Senat mit den democrats ab, fehlt immer noch ein/e SenatorIn für eine demokratische Mehrheit.

sonderfall colorado

Einen besonderen Blick ist Colorado wert: Der Bundesstaat ist wegen des stark wachsenden Latino-Anteils an der Bevölkerung in den letzten Jahren immer „blauer“ (also demokratischer) geworden. Die große Unbeliebtheit von Barack Obama hat aber auch vor Colorado nicht Halt gemacht. Deswegen hat sich der amtierende demokratische Senator im Wahlkampf deutlich von Obama distanziert, gleichzeitig aber auf einen der demokratischen signature moves im Präsidentschaftswahlkampf 2012 zurückgegriffen: Er hat seinen republikanischen Konkurrenten als Frauenfeind porträtiert, weil der hohe Strafen für Schwangerschaftsabbruch für Frauen und für ÄrztInnen befürwortet hat. Das ist so lange gut gegangen und hat dem Demokraten vor allem bei Frauen zu deutlichen Umfragen-Vorteilen von bis zu 20% verholfen, bis sein Konkurrent eine Kehrtwende vollzogen hat. Cory Gardner hat gemeinsam mit anderen in dieser Richtung gefährdeten republikanischen Senatskandidaten plötzlich eine liberale Haltung zur Verhütung eingenommen – nämlich, dass Verhütungsmittel rezeptfrei in Apotheken erhältlich sein sollen. Diese Position hat Gardner sogar in Werbespots geschalten. Damit laufen die Angriffe ins Leere und der Republikaner bläst zum Gegenangriff: Er stellt seinen Konkurrenten als Establishment-Kandidaten dar, dessen ganze Familie von Politik lebt, während er aus einer einfachen Familie komme, die hart arbeite – sehenswerter Spot. Letzte Umfragen zeigen, dass der Demokrat nach dem Positionswechsel seines Konkurrenten in der Verhütungsfrage seinen 20%-Vorsprung bei Frauen komplett eingebüßt hat und damit insgesamt in den Umfragen zurückliegt. Und das ist einem must-win-state für die democrats eine mittlere Katastrophe. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob den DemokratInnen noch etwas einfällt, um eine knappe Mehrheit zu retten. Momentan sieht es nicht danach aus.

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