wie es mit den kurz-filmen war (wahrscheinlich)

Also wissen tun wir‘s natürlich alle nicht. Aber nach einer Stunde, 34 Minuten und 56 Sekunden mit dem Investigativjournalisten Michael Nikbaksh und den Regisseuren der beiden laufenden Kurz-Kinofilme, gewinnt man den Eindruck, es könnte auch so gewesen sein: 

Als der Filmemacher Kurt Langbein – keiner „von uns“, wie Kurz-Leute laut Journalisten Stefan Lassnig Menschen kategorisieren – bei einer Reihe von Kurz-Vertrauten um Interviews für eine Doku über Kurz Aufstieg und Fall anfragt, werden die nervös. 

Langbein hat am Ende über 30 Leute aus Kurz Umfeld gefragt und kein Interview von denen bekommen. Es könnte aber sein, darauf könnten die laut Langbein zuerst einzelnen und dann konzertierten Absagen hinweisen, dass die Nervosität auch zu einer Aktion geführt hat. 

Ein Kurz-kritischer Film in Kinolänge, das kann nicht alleine stehen, könnten sie sich gedacht haben. Sie könnten sich einen freundlich gesinnten Regisseur und einen Produzenten aus den eigenen Reihen gesucht oder auf ein bestehendes Angebot zurückgegriffen haben und geschaut, dass noch vor dem Kurz-kritischen Film in Kinolänge ein Jubelfilm herauskommt. 

Sie hätten alle Kurz-Vertrauten, die Langbein für dessen Doku abgesagt haben, in eine eigene „Doku“ packen und dem geplanten österreichischen Dokumentarfilm ein Werk vor die Nase setzen, das amerikanischer sei, für den gesamten Sprachraum bestimmt und mit einer anderen Dramaturgie ausgestattet, wie der Regisseur sagt. Man könnte einige der eitelsten Figuren der Innenpolitik zu Interviews über Kurz locken und nur ihre harmlosen Passagen bringen, sie aber als Feigenblätter weit hinaushängen. 

Man könnte auch alle a priori schon Kurz-kritischen Leute von vornherein nicht befragen, weil das ja nicht authentisch sei, wie der Regisseur sagt.

Man könnte den Medienforsche Fritz Hausjell, der 1x in der Woche im TV in zwei Sätzen eine Geschichte erklärt, pro forma interviewen, dann herausschneiden und ihn trotzdem als einzigen nicht vorkommenden Interviewten in den Abspann schreiben.

Man könnte den Start der Vermarktung der Kurz-kritischen Doku mit eigener PR crashen, die einen Propagandafilm vermuten lassenden Pressemeldungen dazu nicht mit dem Regisseur gegenchecken und sich den dann öffentlich weinerlich über die Kritik beklagen lassen. 

Man könnte die Finanzierung des Films völlig im Dunklen lassen, dann irgendwelche aus dem Boden gestampfte Agenturen als Impressum angeben. 

Man könnte dann die gesamte türkise und sich schwarz nennende Riege in ein Wiener Innenstadtkino zur Premiere zerren und sich dann trotzdem noch lauter darüber wundern, dass dieses neutrale Porträt, dieses internationale Stück, an dessen Dramaturgie so viel gefeilt wurde, nicht als das wahrgenommen wird, sondern als Propagandafilm. 

Man könnte auch an jener Stelle des Interviews checken, dass der Ratschlag von Nikbaksh, bei der Premiere zumindest keine Selfies mit Kurz zu machen, eher als Tiefschlag denn als Ratschlag gemeint war.

Man könnte schließlich hoffen, dass nach zwei Wochen Kurzmania dank Propagandafilm keine Sau mehr den Langbein-Film sehen will.

Das Problem an all den Konjunktiven ist: wir wissen nicht, ob sie trotz aller Plausibilität stimmen. Und sie gehen jedenfalls nicht auf.

In echt schaut nämlich keine Sau den Propagandafilm an – die Kinosäle sind nachweislich fast leer. Und der Film von Kurt Langbein hat als Rute im Fenster der eitlen Schnöseltruppe schon vor seiner Premiere etwas geschafft, was wahrscheinlich wirksamer sein wird, als der Film selbst. Die Kurz-Truppe könnte, wenn die Konjunktive oben stimmen, auf offener Bühne vorgeführt haben, wie sie arbeitet. 

Kurz Kanzlerschaft war ein intransparentes Geheimprojekt mit fragwürdigen Geldgebern, mit bombastischer Aufmachung, ein PR-Stunt ohne Substanz und ohne Neues, am Schluss ein selbstmitleidiges Opfergejammere, das die meisten Leute nicht mehr interessiert. 

Und sein Propagandafilm ist auch ein intransparentes Geheimprojekt mit fragwürdigen Geldgebern, mit bombastischer Aufmachung, ein PR-Stunt ohne Substanz und ohne Neues, am Schluss ein selbstmitleidiges Opfergejammere, das die meisten Leute nicht mehr interessiert. 

Insofern Chapeau an Kurt Langbein für die Falle und das Vorführen der Truppe am Exempel und an Michael Nikbaksh für die Geduld, den Regisseur des Propagandafilms bei endlos scheinenden und in sich mit jeder Minute noch widersprüchlicheren Antworten, geduldig zuzuhören und interessiert die nächste Frage zu stellen, auf die eine noch widersprüchlichere Antwort folgt. Man will bei dem Gespräch wirklich alle 30 Sekunden reingrätschen, weil die Ausführungen so skurril und absurd sind. Aber dass Nikbaksh es nicht tut, macht ein Zeitdokument daraus. 

Also: hört euch das an. Schaut euch den Langbein-Film an. Und tut weiter alles, damit die Scheinwerfer weiter auf Kurz und seiner Truppe bleiben. 

Passt zur Dunkelkammer: Wo viel Licht ist, ist starker Schatten.

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