
All due respect: Ich hab überhaupt nix gegen wishful thinking. Aber wie Johannes Anzengruber jetzt zum parteifreien Rebellen stilisiert wird, das ist mehr Kitsch als Realität.
Wer sich die Mühe macht, nachzulesen, wie Anzengruber und seine engste Mitstreiterin Mariella Lutz sich im Innsbrucker Gemeinderat verhalten haben, zu Luxusinvestoren-Projekten, zu Tempo 30, zu verpflichtendem öffentlichen Wohnbau auf Spekulantenbauland, wie jeder neue Zebrastreifen (!), jede Radabstellanlage und jeder neuen Radweg von ihnen betoniert oder öffentlich geharnischt wurde und und und…muss den Kitsch einfach revidieren. Und da bin ich noch gar nicht beim früheren Anhimmeln des Heiligen Sebastian mit jedem erdenklichen Werbemittel, das sich dessen Propaganda ausgedacht hat, bis hinauf auf die Arzler Alm.
Es gibt auch überhaupt keinen Anhaltspunkt, dass sich das inhaltlich ändern wird.
Es ist der Weisheit der Wähler*innen zu verdanken, die Schwarz-Schwarz-Blau die Mehrheit genommen haben, dass wir überhaupt über eine Koalition links der Mitte in Innsbruck reden.
Es wird nur dann eine solche werden, wenn der alte Bürgermeister Georg Willi mit neuer Mehrheit weitermachen kann. Anzengruber hat zum richtigen Zeitpunkt das für ihn optimale gemacht, mit einem geschickten Wahlkampf – fair enough.
Aber das Potenzial für ein Aufbrechen der erstarrten Stadtpolitik jenseits von Schwarz-Blau, das haben wir den Wähler*innen von Grün, Rot, KPÖ, Fritzen und ALI zu verdanken.
Und die sollten jetzt auch einen Bürgermeister wählen, der nicht 95% des ÖVP-Programms vertritt, keinen schwarzen Bürgermeister, sondern einen, der mit neuen Mehrheiten etwas ganz anders machen will als die ÖVP: Nämlich Schluss mit Immospekulantenprojekten und her mit leistbares Wohnraum, her mit Tempo 30 und her mit einer fetten Leerstandsabgabe.
Der eine vertritt die Mieter*innen. Der andere die Großgrundbesitzer*innen. Keine schwere Wahl.