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Die heutigen News sind gar nicht gut für Trump: Wieder dominiert eine Höchstgerichtsverhandlung zum Schwangerschaftsabbruch die amerikanischen Schlagzeilen. Der nächste Schritt beim Versuch, die selbstbestimmte Entscheidung von Frauen über ihren Körper zu entscheiden, kommt von texanischen Ärzten: Die haben einen Richter gefunden, der ihrer Klage gegen das meistverwendete Medikament bei Schwangerschaftsabbrüchen stattgab. Ihr Anliegen: Sie würden wegen der Behandlung von Patient*innen, die den Abbruch ohne ärztliche Aufsicht durchgeführt hatten, ihre „eigentlichen“ Patient*innen vernachlässigen müssen und das verstoße gegen ihren Berufseid.
Das von der Zulassungsbehörde für Medikamente sofort angerufene Berufungsgericht stoppte die einstweilige, US-weit gültige Verfügung gegen das Medikament und sendete den Fall zur inhaltlichen Behandlung zum Höchstgericht. Die Strategie der Anti-Selbstbestimmungs-Gruppen: Seit der Aufhebung des Abbruchverbots-Verbots mit im Frühsommer 2022, haben mehr als ein Dutzend republikanische Staaten radikale Gesetzgebung gegen Abbrüche mit rigorosen Strafen für behandelnde Ärzt*innen eingeführt und ihren Bürger*innen am Papier auch das für einen Abbruch in einen anderen Bundesstaats fahren, verboten.
Das hat dazu geführt, dass deutlich mehr Frauen als bisher den Abbruch mit dafür zugelassenen Medikamenten selbst zuhause durchgeführt haben und sich dafür die Medikamente schicken haben lassen. Dieses Schlupfloch kriegen die radikalen Gruppen nur weg, wenn das Medikament komplett verboten wird: Und daran arbeiten sie jetzt. Trumps Richter*innen wackeln in dieser Frage gehörig – das komplette Verbot dürfte aus heutiger Sicht eher nicht durchgehen – es könnte aber sehr wohl sein, dass das Höchstgericht zu einer früheren Genehmigungsversion zurück will, wo das Medikament nur nach ärztlicher Verschreibung oder unter ärztlicher Aufsicht genommen werden dürfte – was wieder den Frauen in den Staaten mit radikaler Verbotsgesetzgebung die Türe zu einem Abbruch zu Hause komplett zu macht, weil dort ja auch kein*e Ärzt*in mehr diese Medikamente verschreiben darf.
Die Richter*innen werden das erst in einigen Monaten entscheiden, aber die Debatte ist da, hunderttausende Frauen müssen ihre Abbrüche momentan illegal durchführen und haben dadurch eine deutlich höhere Gesundheitsgefährdung als unter ärztlicher Aufsicht oder mit der Möglichkeit einer raschen Behandlung im (seltenen!) Fall von Komplikationen. Für die Republikaner*innen, wegen denen es diese Debatten überhaupt erst gibt, ist die inhaltliche Seite – radikale Anti-Abbruchsagenda auf dem Vormarsch – zwar erfreulich. Politisch treibt das Thema aber den Demokrat*innen viele v.a weibliche Wähler*innen in die Arme.
Joe Biden hat in einem sehr ungewöhnlichen Move sogar im Rahmen seiner State of the Union-Rede die anwesenden Höchstrichter*innen zur Rede gestellt: „With all due respect, Justices: Women are not without electoral power“, sagt er explizit in die Richtung der 9 Höchstrichter*innen. Es ist alles sehr knapp. Wir werden sehen.