trumps gericht schreitet ein

Das Höchstgericht hat eine möglicherweise wahl-mitentscheidende Entscheidung getroffen: es will ausführlich ermitteln, ob Trump für seine Taten vom 6. Jänner, dem Putschversuch am Kongress, überhaupt strafrechtlich belangt werden kann – oder ob das in den Rahmen der Immunität fällt. Angesetzt sind die Erhebungen des Gerichts erst für Ende April.

Damit ergibt sich eine erhebliche Verzögerung für das wichtigste der vier großen Strafverfahren gegen den wahlkämpfenden Ex-Präsidenten, die ein Urteil vor der Wahl im November so gut wie unmöglich macht. Das kann man nicht getrennt von der Besetzung des neunköpfigen Höchstgerichts sehen – 6 von Republicans nominierte Richterinnen sitzen hier 3 von Democrats nominierten Richterinnen gegenüber. Und die Hälfte der Republicans ist von Trump selbst nominiert.

Eine Verurteilung wäre zwar formal wahrscheinlich kein Hindernis für Trumps Kandidatur – aber viele Wähler*innen sagen in den sonst knappen Umfragen, dass sie Trump als Verurteilten nicht (mehr) wählen würden. Neben der enormen und nicht begründeten Verzögerung des Putsch-Verfahrens durch das Höchstgericht, ist ein zweites Verfahren auf Eis gelegt. Auch beim Wahlbetrugs-Verfahren in Georgia, wo Trump Wahlbehörden auf der Suche nach 11.000 Stimmen nachtelefonierte, liegt auf Eis: hier ist die Unabhängigkeit der Staatsanwältin seitens Trumps Verteidigung unter Beschuss.

Am 25. März beginnt das Verfahren um Schweigegeld an einen Pornostar für eine gemeinsame Nacht, es soll nur einige Wochen dauern. Und für Mai ist das Verfahren um das illegale Entfernen von sensiblen Dokumenten aus den vorgesehenen Räumlichkeiten in Trumps 115-Zimmer-Haus in Florida terminisiert – hier ist allerdings eine Richterin am Werk, die als sehr Trump-freundlich gilt.

Es kann also sein, dass die Verschleppungsstrategie wirkt und es vor dem Sommer nur im Schweigegeld-Verfahren ein Urteil gibt. Nota bene: diese 4 großen Verfahren sind nur Trumps strafrechtlich relevante aus jüngeren Jahren. Daneben hat er in Vergewaltigungs-, in Meineids- und in Betrugsverfahren schon Strafen in der Höhe von über 400 Millionen Dollar bekommen.

Ist es trotz all dem vorstellbar, dass Trump gewählt wird? Ich halte es den Umfragen entgegengesetzt für sehr unwahrscheinlich: viele momentan unzufriedene Demokrat*innen werden zurück zu Biden kommen und viele Unabhängige schließlich doch Biden wählen. Aber ausgeschlossen ist ein Trump-Sieg nicht.

Die Konsequenzen davon für die Welt sind nicht absehbar: die internationale Bündnis- und Sicherheitsarchitektur wäre massiv destabilisiert, die Ukraine möglicherweise verloren, Polen und das Baltikum als nächstes Ziel Putins in Gefahr.

Muss man dabei von Europa aus tatenlos zusehen? Viel kann man wirklich nicht tun – spenden ist verboten und am Geld wird es der Biden-Kampagne nicht mangeln.

Aber ein Anfang wäre tatsächlich, das Märchen vom alten Biden und vom energiegeladenen Trump nicht weiter zu verbreiten: das ist eine der wichtigsten Botschaften der Trump-Kampagne. Man muss das nicht weitertragen.

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